„Ekeliger Fischgeruch! Muss wohl so sein auf einer Fähre. Wieso stört es die anderen nicht?“, frage ich Patrick. Er grinst von seinem Kajütenbett hinunter. „Du bist wohl schwanger?“ Ich? Wieder schwanger? Tatsächlich bin ich überfällig. Meine Menstruationstasse hatte ich mir ganz oben in den Koffer für unsere Europatour gepackt. Bei unserem ersten Halt in Lüneburg hätte ich sie auspacken sollen. Aber da brauchte ich sie ebenso wenig wie in Dänemark oder Schweden. Und auch hier in Norwegen dachte ich bis eben, meine Regel verschiebt sich wahrscheinlich wegen des Reisefiebers. „In Deutschland werde ich einen Schwangerschaftstest machen“, kreist es in meinem Kopf, während mich das Schiff in den Schlaf schaukelt.

In Deutschland …

… ist der Schwangerschaftstest positiv. Doch so positiv fühlt sich das gerade gar nicht an. Beim allerersten Kofferpacken hatte ich Patrick erzählt, dass in meinem Herz noch Platz für ein viertes Kind wäre – wir könnten ja eins adoptieren; wo wir doch eh durch Rumänien reisen wollen … Aber nun haben wir unser „Adoptivkind“ doch selbst gemacht. Zwei Streifen – vier Kinder. Wird mich das nicht überfordern?

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Mein rechtes Ohr ist taub. Mehrere Tage gehe ich in mich. In Dänemark überzeugte mich eine elfköpfige Familie, wie anstandslos der Laden mit so vielen Kindern läuft. Ich möchte es meiner „dänischen“ Freundin zwar nicht gleich tun. Doch schenkt es mir den nötigen Mut. Ich lasse die Stimme des Babys zu. Mein Ohr funktioniert wieder. Und ich rechne. Meine Hebamme kommt zu Besuch. Sie bescheinigt mir die achte Schwangerschaftswoche. „Das Baby wird wohl einen Tag nach deinem Geburtstag kommen“, verrät sie mir. Unbeeindruckt davon zeigt das Gravidarium den Entbindungstermin eine Woche später an.

Evelin und Patrick von freeyourfamily.net

Vorsorgeuntersuchungen, Ultraschall und Fruchtwasserentnahme

Meine Vorfreude auf den Süden Europas wächst. Ebenso die aufs Baby. Aber immer wieder sehe ich Kinder mit körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen. Auf Instagram entfolge ich Larissa Horlacher. Obwohl sie mich seit ihren Anfängen auf YouTube begeistert. Doch nun, als Schwangere, kann ich die Storys um ihre erkrankte Babytochter einfach nicht länger ertragen. Ich frage mich: „Was will mir das sagen? Sollte ich mich für eine Nackenfaltungmessung in eine Arztpraxis begeben, um Klarheit zu haben?“

Ich halte Ultraschall-Untersuchungen nicht für essenziell, solange ich mich gesund und mit dem Baby verbunden fühle. Vielleicht bezeichnen die Ultraschall-Fans mein Vorgehen als unverantwortlich. Vielleicht meint mein Baby aber auch, es sei blauäugig, wenn sich seine gesunde Mami mehr auf die Urteile anderer verlässt.

Ob mein Kind sich über den Besuch einer Spritze zur Fruchtwasserentnahme freut? Wahrscheinlich ist es eher entsetzt.

Zu einer Ultraschalluntersuchung überwinde ich mich nicht. Die drei letzten Bewohner meines Bauchs zeigten deutlich ihren Unmut über die Sonographie. Mir wird wieder bewusst, dass ich auch „Ja“ zu dem Leben in mir sage, wenn es gesundheitliche Einschränkungen mit sich bringen würde.

Mein Umgang mit Fehlgeburten

Wir liegen am Strand vor unserem Haus am See. Die kroatische Abendsonne umhüllt mein winziges Bäuchlein. Den Gebärmutter-Rand berechne ich tastend mit Hilfe von Fingerbreiten. In ein Heftchen schreibt meine sechsjährige Tochter, die für den Hebammenberuf schwärmt: S+3 (wie Schambein + drei Zentimeter), SSW 11+2, und dazu noch den weniger aussagekräftigen Bauchumfang.

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Meine Tochter legt den Stift beiseite. Mit ihren zwei Geschwistern beobachtet sie ihre Freundin, die Wasserschlange.

Die Schlange im See

Patrick macht „Feierabend“ und holt mich zum Schwimmen ab. Zusammen kraulen wir hinaus auf den See. Das Wasser ist angenehm, fast warm. Doch in meinem Unterleib spüre ich plötzlich ein „Plopp“. Es tut nicht weh. Aber ich drehe um und schwimme zurück zum Strand. Dort rinnt mir Blut am Bein entlang.

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Meine kleine Hebamme fängt erschrocken an zu weinen. Im Haus untersuche ich mich: Muttermund geschlossen, Gebärmutterstand unverändert, keine Schmerzen, etwa ein Esslöffel voll klares Blut fließt in meine Notfallbinde aus Toilettenpapier. Ich suche im World Wide Web nach Frauenarztpraxen in der Nähe. Eine einzige öffnet morgen in der nächstgrößeren Stadt. Meine Familie verordnet mir Bettruhe. Die Blutung hört auf. Eine ruhige Nacht folgt.

Erst am Nachmittag bemerke ich beim Toilettengang wieder eine leichte Blutung. Jetzt will ich es aber genau wissen! Was ist da los? Die Fahrt zur Klinik ist ernüchternd: Alle Gynäkologen haben Urlaub. Meine Hebamme rät mir am Telefon, erst mal ruhig zu bleiben. Auch in der Schwangerschaft kann mitunter noch eine Regelblutung auftreten. Eine Ultraschalluntersuchung kann zwar aufklären, aber nicht helfen. Ich weiß, dass ich im Fall der Fälle auch eine „stille Geburt“ bevorzuge. Hilfe von einem Frauenarzt durch Tabletten oder eine Ausschabung wünsche ich mir dabei nicht.

Ich gehe in mich: „Liebes Baby, ich hatte zwar erst meine Bedenken, ob ich mit drei quirligen Kindern und einem Baby zurechtkomme, aber inzwischen kann ich es mir gut vorstellen. Ich lade dich herzlich dazu ein, in mir weiterzuwachsen. Wenn du in unserer Familie leben möchtest, wird es manchmal ganz schön chaotisch zugehen. Es gibt manchmal Streit, es wird auch mal laut sein. Aber an einem wird es nicht fehlen: Ich werde ganz viel Liebe für dich haben. Immer. Doch wenn du meinst, dass du jetzt gehen musst, dann darfst du das. Dann können wir uns ein anderes Mal begegnen. Du bist frei.“

Eine weitere Blutung ereilt mich nicht mehr.

Vrana-See

Kindsbewegungen und Herztöne

Meine beiden kleinen Nachwuchshebammen begleiten meine Vorsorgen nach wie vor gerne. Endlich schreiben sie in das selbst gebastelte Untersuchungsheft: „SSW 16+4, erste Kindsbewegungen“. In den nächsten Wochen kommt immer noch ein „X“ für „Herztöne hörbar“ hinzu. Patrick hört das Babyherz am liebsten direkt mit dem Ohr am Bauch ab. Meine Kinder nutzen vorbildlich ihr Hörrohr. Und ich verwende das Stethoskop und höre damit, wenn ich Glück habe, mehr als mein eigenes Blut pulsieren.

Urinuntersuchung

Den Urin könnte ich mit Teststäbchen aus der Apotheke selbst untersuchen. Doch ich nutze sie nicht: Meine Pipi ist klar. Sie riecht nicht nach Spargel. Unsere Ernährung erscheint mir gesund genug. Von Vorerkrankungen, Wasseransammlungen und Krampfadern bleibe ich verschont. Nur an regelmäßiges Trinken muss ich mich erinnern.

Gewichtskontrolle

Natürlich schleppen wir keine Waage mit uns herum. Wir fahren schon genug Gepäck durch die Weltgeschichte. Mein Gesicht ist fülliger und unter meinen Kleidern steckt keine Wassermelone – das Baby samt „Zubehör“ scheint also ausreichend zuzunehmen.

Vaginaluntersuchungen

Ich erinnere mich, dass meine Hebammen nie eine vaginale Untersuchung während der Schwangerschaften durchführten. Ein Grund dafür ist, dass aufsteigende Keime damit leichteres Spiel haben. Wenn es keine medizinische Indikation dafür gibt, halte ich es selbst nicht für notwendig. Ich meine, frau bekommt selbst mit, ob mit dem Zervix alles passt. Bei mir melden sich weder Juckreiz, noch oller Fischgeruch, Blutungen, Krämpfe, Entzündungen oder dergleichen.

Kindslage

Babybauch abtasten und Kindslage ermitteln in der Schwangerschaft

Stattdessen nehmen wir nach Lust und Laune durch „Handarbeit“ Kontakt zu unserem Baby auf. Jetzt, in den letzten Wochen, ist das sehr einfach. Pünktlich zum Frühstück ist das kleine Kindchen munter. Wir witzeln darüber, dass ich in ein paar Wochen bestimmt ständig den Frühstückstisch verlasse, um das wache Neugeborene zu versorgen. In meinen Mutterpass malen meine zwei Hebammen das Baby in Schädel- bzw. Steißlage. Was diese Position angeht, bin ich für meine nahende Alleingeburt für alles offen. Literatur und einige Serien „Call the Midwife“ haben mich im Fach „Steißlage“ geschult.

Geburtsvorbereitung

Schwangerschaftsgymnastik mit Kind

Puh, meine kleinen Hebammen halten mich ganz schön auf Trab! Zusammen haben wir uns ein Work-out für Schwangere überlegt. Das machen wir, wenn wir Lust darauf haben. Mein Damm-Massageöl liegt unangebrochen in unserer Kosmetiktasche. Bei den anderen Geburten hat es mir kein Glück gebracht.

Ebenso wenig die Heublumen-Dampfbäder, das Intervalltrinken von Tee aus Himbeerblättern oder das Essen von Datteln. Auf eines verzichte ich mit höchster Gewissenhaftigkeit: Meditation. In der letzten Schwangerschaft habe ich die letzten Wochen damit verplempert, abends in eine Kerze zu schauen und „nichts zu denken“. Ich tat das auf Anraten eines geburtsvorbereitenden Buches. Mehr zu dieser Aktion und den Auswirkungen auf die Geburt ist hier zu lesen. Geburtsaffirmationen, also Sprüche wie „Ich schaffe das“, „Ich bin eine Göttin“ etc. möchte ich mir nicht irgendwo hinhängen. Eingebildet, wie ich klingen mag, bin ich doch längst davon überzeugt, dass ich gebären kann.

Geburtsutensilien

Viel wichtiger ist mir in dieser Schwangerschaft, alle Sachen für die Geburt beisammen zu haben. Ich denke jedes Mal, wenn ich in Kroatien, Montenegro und Albanien durch eine Drogerie laufe: „Ach, das kaufe ich in Griechenland. Sonst nimmt es im Auto zu viel Platz weg.“

Jetzt stehe ich in Athen. In den Drogerien finde ich ausschließlich Make-up und Putzmittel. Mein Glück versuche ich also in einer Apotheke. Ich brauche Wöchnerinnenbinden. Das sind diese Surfbretter von Flockenwindeln ohne Plastik. Der Apotheker holt ein dünnes Päckchen „Always Ultra“. Auf der Rückseite studiert er mit einer dicken Lupe die Inhaltsstoffe. Die Parkinson-Erkrankung des Apothekers macht es ihm nicht leicht. Die Menstruationsbinden werden tüchtig durchgeschüttelt. Es ist mir etwas unangenehm, dass der nette Herr wegen mir so einen Aufwand betreiben muss. Ich muss an einen Tierarzt denken, der ebenso stark an Parkinson litt. Unser Kater musste sich während der Untersuchung gefühlt haben wie auf einer Rüttelplatte. Mit „That’s okay. There is no plastic.“ werde ich aus meinen Gedanken gerissen.

Blick über Athen

Arnika gibt es in Griechenland nur auf Rezept. Ich suche noch eine Art Kofferwaage für das Wiegetuch, um das Geburtsgewicht bestimmen zu können. Die Babywaagen könnten bestellt werden – für rund 200 Euro. Na ja, so wichtig ist mir das Gewicht dann auch nicht. Ich kann es ja mit Butterstücken abwiegen. Der freundliche Mann lädt mich herzlich ein, mein Baby nach der Geburt in seinem Labor mit seiner Medikamenten-Waage zu wiegen. Ich bin mir sicher, dass mir nun ein heiteres Wochenbett bevorsteht und bezahle 3,80 Euro für acht dünne Binden, die ich eigentlich nicht brauche.

Im Supermarkt kaufe ich mir Stilleinlagen und dicke Menstruationsbinden mit Schutzfolie. Die wasserdichten Wegwerfunterlagen für Pflegebetten und Rollstühle finde ich auch. Im Baumarkt bekomme ich „Cyanacrylat“ – aka Sekundenkleber. Er ist identisch mit medizinischem Gewebekleber. Von manchen Hebammen wird er anstelle der Dammnaht verwendet. Zwar haben wir Stickzeug dabei – aber das schmerzfreie Kleben stelle ich mir einfacher vor. ;-)

Papierkram

Mit meinem dicken Bauch stehe ich oft im griechischen Gemeindeamt (ich berichtete). Dass mein Baby keine Papiere ausgestellt bekommen wird, raubt mir den Schlaf. Dankbar nehme ich deshalb die Einladung meiner Eltern aus Deutschland an. Die viertägige Rückreise schaffe ich ohne Blasensprung, Wasser in den Beinen oder andere Quengeleien.

Alleingeburt

In der alten Heimat kann ich loslegen: Einen Tag nach meinem Geburtstag bringe ich mein kerngesundes Baby alleine zur Welt. Den Geburtsbericht findet ihr hier.

Lotusgeburt

Das Kuscheltier unseres Kleinsten, die Plazenta, darf mit der Nabelschnur verbunden bleiben. Statt abzunabeln, bevorzuge ich die „Lotusgeburt“. Die Nachgeburt balsamiere ich nicht mit Kräutern und Salzen. Unser Dörrgerät begleitete uns treu durch halb Europa und kommt erst jetzt zum Einsatz. Das natürliche Abnabeln wird vom Trocknen der Nachgeburt unterstützt. Am zweiten Lebenstag meines Babys ist das dünne Schnürchen so hart, dass die kleinen Hebammen sie mit einer Schere und der Hilfe ihres Papas trennen. Nach drei weiteren Tagen löst sich der Rest vom Bauchnabel. Pulverisiert landet die Plazenta als Naturmedizin in einer Büchse. Ob es unser Bübchen wohl eines Tages so gerne „nascht“ wie seine Geschwister?

Nachwehen

Mit Verlaub: Nachwehen sind ein Arschloch! Bedauerlicherweise bleiben sie nicht aus. Von den Generationen vor mir kommt mir zu Ohren, dass Nachwehen kaum bekannt sind. Früher war es mitunter üblich, nach der Geburt das Blut aus dem Bauchraum zu drücken. Dazu kamen feste Handgriffe und die Unterarme der Geburtshelfer zum Einsatz. Keine Ahnung, ob das die Nachwehen minderte. Da diese Praxis aber leicht zu inneren Verletzungen führt, wird sie in den Kreißsälen kaum noch angewandt. Das natürliche Zusammenziehen der Gebärmutter ist zwar heftig, ist aber der einzige Weg zurück in ihre ursprüngliche Form.

Alleingeburt: Geburt in Eigenregie - viertes Kind

Und wann kommt das nächste Kind?

Die erste negative Reaktion zu meinen „100 Kindern“ kam kürzlich. Immerhin erst nach über drei Monaten! Ganz ehrlich: Zwar muss ich meine Zeit auf vier Kindern aufteilen, aber es ist nicht anstrengender als mit einem Kind. Ich behaupte sogar ganz forsch, es wäre sehr schön.

Die Verantwortung für diese Schwangerschaft zu übernehmen, war für mich keine Belastung. Es war mein Wunsch, alles genau so zu handhaben. Ich bin dankbar für die wunderbare Kugelzeit, die ich mit vielen tollen Menschen in wunderschönen Ländern hatte.

Die besten Grüße
Eure noch etwas bauch-schwabbelige Evelin :-D

 

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