GeschenkWir lieben es, anderen kleine Geschenke zu machen. Kleine Überraschungen, wärmende Worte, eine Postkarte, etwas selbstgemachtes wie eine Teemischung, ein Blumensträußchen oder die erste Ernte aus dem eigenen Garten – Ein Geschenk erhält nicht nur die Freundschaft, wie man gerne sagt, es macht dem Schenkenden selbst große Freude.

Wenn wir abends nach einem langen Tag mit gefülltem Programm im Bett liegen, die Kinder irgendwann doch noch einschlafen wollen, und nachdem es vielleicht irgendeine prekäre Situation gab, in der man am Tag nicht so erziehungsfrei handelte wie man es im Grunde lieber getan hätte, dann denken wir manchmal an die Sache mit den kleinen Geschenken.

Vielleicht wünschten wir uns dann, dass man mit Geschenken tatsächlich sein schlechtes Gewissen reinigen könnte. Man legt seinem Kind einfach ein (auf Vorrat gekauftes) rotes Rennauto auf das Kopfkissen, versteckt neue Puppenkleidung im Hausschuh oder packt nach einem erneuten Streit am Morgen einfach einen Schokoriegel in die Brotbüchse für unterwegs und schwupps – sind die Knitter der Eltern-Kind-Beziehung wieder geglättet.

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Dass es leider nicht so einfach ist, weiß jeder. Zudem wollen wir unsere Kinder nicht zu kleinen Konsumenten heranziehen, die beim nächsten Einkauf ein weiteres Modell des Spielzeugautos erkennen und sofort dringend benötigen, oder die den Schokoriegel in der Brotdose bald vermissen. Vielleicht kennen wir alle noch eines dieser Kinder aus unseren Schultagen, dass mit einer großen Fülle an Süßigkeiten, Markenklamotten und neuestem Spielzeug „gesegnet“ war und uns im Stillen verwunderte.

Im ersten Lebensjahr unserer Großen arbeitete Patrick Vollzeit mit Überstunden in einer Stunde Fahrzeit entfernt. Zeit für unsere Große blieb ihm dabei nur an den Wochenenden. Regelmäßig brachte er ein Geschenk für unsere Tochter mit, um unbewusst das Gewissen zu besänftigen und natürlich auch, und das war ja der Plan, seine Liebe in materiellen Dingen auszudrücken. Somit häuften sich zuhause Teddybären, Kuscheltücher, Quietschespielzeug, Babybücher und vieles mehr.

Inzwischen verfahren wir anders. Wenn wir uns am Abend mit unseren Kindern in unser Familienbett kuscheln, erzählen wir ruhig oder bereits im Flüsterton, dass wir glücklich sind, den Tag gemeinsam miteinander verbringen zu können. Wenn es Ärger gab, verschweigen wir das nicht und sagen, dass wir uns als Eltern doof benommen haben. Trotzdem sagen wir zuversichtlich, dass wir uns morgen wieder einen schönen Tag zusammen machen werden. Dieses Gute-Nacht-Ritual endet meist mit den Worten „Ich liebe, liebe, liebe Dich!“ und einem Kuss.

Jesper Juul, Familientherapeut und Autor der Bücher Dein kompetentes Kind und Die kompetente Familie ermutigt uns dazu, unsere eigenen Erwartungen, perfekte Eltern sein zu wollen, herunterzuschrauben. Er sagt, dass Kinder die Fehler ihrer Eltern verzeihen. Überlegen wir doch einmal, ob wir die früheren Erziehungsfehler unserer Eltern (an uns, nicht an ihren Enkeln ;-) ) verzeihen. Die Antwort lautet fast immer: „Ja.“ Wir lieben unsere Kinder, unsere Eltern lieben uns, wir lieben unsere Eltern UND unsere Kinder lieben uns. Sie lieben uns mit unseren Fehlern, weil wir nun einmal ihre Eltern sind. Deshalb können wir unseren Kindern als Wiedergutmachung folgendes Geschenk machen: wir können ihre Liebe annehmen. Das heißt konkret, dass wir ohne schlechtes Gewissen einschlafen können und die Zuversicht haben, dass wir keine perfekten Eltern sein müssen.

Materielle Geschenke und Überraschungen sind deshalb natürlich nicht tabu. Aber sie können ja auch einfach so, ohne konkreten Anlass, überreicht werden. Wir freuen uns schon jetzt auf morgen früh, wenn unsere Kinder die Badesachen fürs Schwimmbad auf ihrem Kindertischchen entdecken.

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