Die Anmeldung an der Grundschule ist in vielen Bundesländern im Schulgesetz verankert. Wenn Eltern ihr Kind nicht selbständig und fristgerecht an einer Schule anmelden, begehen sie eine Ordnungswidrigkeit. Das deutsche „Privileg“ der Schulpflicht greift in diesem Sommer auch nach unserer Tochter. Doch für uns kommt momentan nur das Leben außerhalb jeglicher Schulen in Frage.
Freilerner vs. Schulpflicht
In Deutschland funktioniert Freilernen (engl. Unschooling) ohne Schule nicht ohne weiteres. Mitunter ist man gezwungen, sich bedeckt zu halten. Das ist eine denkbar ungünstige Voraussetzung für Kinder, die die Welt entdecken wollen.
Hinzu kommt die beständige Angst vor Bußgeldern und anderen staatlichen Repressionen. Einen unserer Freunde ereilte diese Woche jenes Schicksal. Denn er meldete seinen Sohn nicht an der Grundschule an. Wegen dieser „Ordnungswidrigkeit“ wurde ein Bußgeld in Höhe von 100 Euro gegen ihn verhängt. Gegen den Bescheid legte er Widerspruch ein. An einem Amtsgericht in Thüringen wurde der Fall nun verhandelt.
Er stellte uns seine Zusammenfassung der Verhandlung zur Verfügung:
Vor Gericht
Zum Termin sind einige Freunde von mir gekommen, drei Teams von der Presse und eine Vertreterin der Bußgeldstelle. Der Richter erachtet es, trotz meines Wunsches, nicht für notwendig, die als Zeugin geladene Direktorin der Grundschule aufzurufen.
Die Mutter meines Sohnes hatte „ihren“ Prozess zur gleichen Angelegenheit schon im Juli 2018 am Amtsgericht bei einer anderen Richterin. Da wir nicht verheiratet sind, wurde ein identischer Bußgeldbescheid in Höhe von 100 Euro zzgl. Verwaltungsgebühr von 23 Euro jeweils an uns beide zugestellt. Bei verheirateten Paaren wird nur ein Elternteil bestraft. Meist die Mutter.
Gegenstand der Verhandlung
Zu Beginn der Verhandlung liest der Richter den Bußgeldbescheid laut vor. Ich habe eine Ordnungswidrigkeit nach §59 (1) ThürSchulG begangen, weil ich mein schulpflichtiges Kind nicht an einer Grundschule angemeldet habe. Der Bußgeldbescheid kam im April 2018, doch mein Sohn wurde erst am 1.8.2018 schulpflichtig. Darauf habe ich Einspruch eingelegt, der heute am Amtsgericht verhandelt wird.
Ich darf meine Argumente zur Sache vortragen. Ich habe gleich gesagt, dass ich die Ordnungswidrigkeit, so wie sie für gewöhnlich gesehen wird, begangen habe, ich aber die Gründe für mein Handeln vortragen möchte.
Mein Kind will nicht zur Schule gehen
Mein Sohn hat mehrfach geäußert, dass er nicht zur Schule gehen möchte. Er kennt „Schule“ bereits dadurch, dass er Kinder kennt, die zur Schule gehen. Er war einige Male selbst in einer Schule, um seine Cousins und Cousinen abzuholen. Außerdem haben wir zu einem Schnuppertag die Grundschule besucht. Ich als Vater respektiere seinen Wunsch und sehe keine Notwendigkeit, dass er zur Schule gehen müsse. Er entwickelt sich gut, sowohl intellektuell als auch sozial.
Ich bringe meine Verwunderung darüber zum Ausdruck, dass im Thüringer Schulgesetz ganz am Anfang im §1 das Recht auf Bildung festgeschrieben steht, aber gleichzeitig nach §17 junge Menschen der Schulpflicht unterworfen sind und nach §23 die Bildung in einer Schule stattfinden muss. Wie ist das vereinbar?
Die gleichen Rechte wie Erwachsene
Ich zitiere aus dem Thüringer Bildungsplan bis 18 Jahre:
„Bildungserfahrungen können jederzeit, an jedem Ort und bei jeder Gelegenheit gemacht werden“
(S. 18)
und:
„Mit Vollendung der Geburt beginnt die Rechtsfähigkeit des Menschen. Das heißt: Kinder haben ab diesem Zeitpunkt alle Rechte, die auch Erwachsenen zustehen. Sie sind Inhaber der allgemeinen Menschenrechte und damit von vornherein gleichberechtigte und gleichwertige Mitglieder unserer Gesellschaft“
(S. 48)
Der Bildungsplan ist von einem Konsortium verschiedener Professoren aus Thüringen und außerhalb erstellt und im Dezember 2015 vom Thüringer Ministerium für Jugend, Bildung und Sport herausgegeben worden. Diese Experten sollten doch wissen, was sie schreiben.
Verständnis für freilernende Kinder?
Ich frage den Richter: „Was würden Sie meinem Sohn denn sagen, wenn er Ihnen sagt, dass er nicht zur Schule gehen möchte? Mit welchen Argumenten wollen Sie es schaffen, dass mein Sohn seine Meinung ändert?“ Ich frage ihn, ob er Schüler kennt, die in der Schule Spaß am Lernen haben und jeden Morgen gern früh aufstehen, um in die Schule zu gehen. Er schmunzelt nur. Ich sage ihm, dass er hier die Möglichkeit hat, gegen die gängige Schulpflicht-Praxis ein Zeichen zu setzen.
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Zum Schluss weise ich ihn auf einen, meiner Meinung nach, Formfehler im Bußgeldbescheid hin: Mein Sohn war zum Zeitpunkt des Bescheides (April 2018) nicht schulpflichtig. Sondern erst ab 1.8.2018.
Rigidität
Auf keine meiner Fragen bzw. Zweifel antwortet er. Es gäbe einen Anmeldezeitraum und ich sei doch verpflichtet, die Anmeldung in diesem Zeitraum vorzunehmen. Und darauf bezieht sich die Ordnungswidrigkeit.
Er stellt fest, dass das der erste Fall für ihn ist, bei dem Eltern ihr Kind nicht an einer Schule angemeldet haben. Es gäbe nun einmal die Schulpflicht und das schon seit 100 Jahren. Es wird doch gute Gründe gegeben haben, sie einzuführen. Aber er nennt keinen einzigen Grund. Getreu dem Motto: „Die Schulpflicht besteht, weil die Schulpflicht besteht!“
Wer nicht hören will, muss fühlen
Der Richter führt nicht einen einzigen Grund an, warum mein Sohn zur Schule gehen soll. Jedoch stellt er fest, dass mit 100 Euro das Bußgeld doch unangemessen gewesen sei. Schließlich seien ja bis zu 1500 Euro möglich. Es liege doch eindeutig vorsätzliches Verhalten vor. Eine so geringe Strafe würde doch keinen Eindruck auf mich machen. Damit rügt er meiner Meinung nach streng die Dame von der Bußgeldstelle.
Dann deutet er leise an, dass er als Richter ja die Möglichkeit habe, das Bußgeld zu erhöhen. Ich entgegne ihm daraufhin, dass seine Kollegin bei der Verhandlung der Mutter bereits damit gekommen wäre.
Ich stehe zu meiner Entscheidung
Ich habe zwar noch die Möglichkeit, den Einspruch zurückzuziehen, bevor es teurer wird. Aber ich verdeutliche ihm, dass ich ihn nicht zurückziehen werde, weil ich in meiner Entscheidung nichts Verkehrtes sehe.
Damit wird ihm klar, dass er ein Urteil sprechen muss. Die Forderung der Bußgeldstelle bleibt weiterhin bei der Zahlung des Bußgeldes von 100 Euro. Ich fordere Freispruch oder zumindest Einstellung des Verfahrens. In meinem Schlussplädoyer äußere ich nochmals meinen Wunsch, dass der Richter seine Entscheidung doch mit mehr als nur der Schulpflicht begründen solle.
Wenn Erwachsene erzogen werden
Wir alle werden aus dem Saal gebeten, damit der Richter sein Urteil schreiben kann – dann wieder hinein. Nun darf auch die Direktorin der Grundschule in den Gerichtssaal. Sie wird vom Richter nach Fahrgelderstattung gefragt, was sie verneint und verlässt auf eigenen Wunsch wieder den Saal. Dann wird das Urteil verkündet.
Kurz und knapp: Die Ordnungswidrigkeit wird bestätigt, der Einspruch abgelehnt und die Höhe des Bußgeldes auf 400 Euro hochgesetzt – zuzüglich Verfahrenskosten von etwa 100 Euro. Die Begründung: Ich habe mein Kind vorsätzlich nicht angemeldet. Weiter nichts. Nichts!
Ich hätte die Möglichkeit, „Rechtsmittel“ einzulegen, wofür ein Anwalt nötig ist.
Ehrlich gesagt, habe ich nichts anderes erwartet. Denn wenn er damit droht, dass Bußgeld zu erhöhen, muss er es am Ende auch machen. Sonst verliert er an Glaubwürdigkeit. Das ist ein alltägliches Problem beim Erziehen.
Fazit zur Anmeldepflicht
Für mich ist das Urteil ein Armutszeugnis. Die Anmeldepflicht wird mit der Schulpflicht begründet. Und die Schulpflicht selber wird mit ihrem eigenen Bestehen begründet – „Blaukraut bleibt Blaukraut und Schulpflicht bleibt Schulpflicht“.
Am Ende ist es doch nur Geld …
Bestärkung unserer Entscheidung
Vielleicht kannst Du nun verstehen, weshalb wir keine Lust auf kräftezehrende Rechtsstreitigkeiten haben. Stattdessen genehmigen wir uns ein Stück Freiheit – im Ausland.
Bist Du selbst auf der Suche nach Verbündeten, findest Du u.a. beim BVNL e.V. und in der Freilerner-Solidargemeinschaft Anlaufstellen.
Bis bald und alles Liebe
Patrick
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Wir lernen frei … in Deutschland … ohne Anmeldung … mit viiiiiel systemtherapeutischer Aufarbeitung und Unterstützung aus den feinsinnlich wahrnehmbaren Ebenen, d.h. meine Höchstsensitivität eröffnet mir auch jenseitige Zusammenhänge. Durch unseren unbequemen hingebungsvollen Weg tragen wir unseren Beitrag für die BeFREIung des deutschen Schulsystems aus der eigenen Befangenheit.
Jeder tut, was er kann. Lasst uns auch erkennen, dass wir als Team an einem großen Projekt arbeiten, dass den sich vollziehenden Wandel sichtbar macht. Lichtvolle Grüße – gerade aus der Nähe von Freiburg ;)
Liebe Jaqueline,
es tut so gut zu lesen, was du schreibst – hier und in deinem inspirierenden Blog. Danke dafür und für die Kraft und den Mut, in Deutschland frei zu leben und zu lernen. Herzliche Grüße <3 Evelin
Danke für den Artikel. Ich finde es interessant, wie die Dinge so ablaufen. Aber da sieht man mal wieder, wie die 3 Säulen, die eigentlich für Gerechtigkeit im Land sorgen sollen, (nicht) funktionieren. Die Judikative trägt wohl nicht dazu bei; musste ich leider auch schon in anderen Fällen feststellen. Ich hoffe, ihr konntet das Bußgeld bezahlen und habt erstmal ne Weile Ruhe.
Hallo Diana,
ja – das könnte man meinen. Oft ist es frustrierend und demütigend, wie sicher auch unser Freund findet. Wir hoffen auch, dass er nun etwas Ruhe hat.
Herzliche Grüße und danke für deinen Kommentar! Evelin
Danke für den Beitrag. Auch wir haben in diesem Jahr diesen Weg gewählt, frei lernen, ohne Anmeldung an der Grundschule. Uns wurden inzwischen staatliche Sanktionen angedroht. (Thüringen). Wir werden unser Kind dennoch nicht in dieses Schulsystem zwingen, motivieren oder überreden. Wir bleiben frei und menschlich.
Alles Liebe
Birgit
Hallo Birgit,
wie geht ihr diesen Weg? Auf die „legale“ Weise (wie wir), oder mit Widerstands gegen die Schulpflicht und die Sanktionen – mit dem nervenzehrenden Weg durch deutsche Gerichte?
Liebe Grüße
Patrick
Hallo Patrick,
wir haben den Weg so gewählt, dass wir bei Jugend- und Schulamt vorsprachen, um deren Blickfeld zu erweitern. Menschlich wurden wir partiell verstanden, dennoch haben wir auch erfahren, dass sie beschränkt reagieren. Im alten Muster. Weil es schon immer so war quasi.
Nun überlegen wir, ob wir diesen Weg weiter gehen oder auswandern bis hier Verhältnisse herrschen, die einem Kind dienlich sind.
Liebe Grüße
Birgit
Hallo Birgit,
wie auch immer ihr euch entscheidet: Wir wünschen euch viel Freude auf eurem Weg! Je näher Tag 0 bei uns rückt, umso entspannter sind unsere Gedanken zum „Auswandern“.
Liebe Grüße
Patrick
Wer das System einmal verstanden hat, weiß, dass „die da oben“, „die da unten“ nur als Humankapital betrachten. Sinn der ganzen Übung ist es nicht, besonders gebildete Menschen zu erschaffen, sondern eine gefolgsame Arbeiterschaft, die nicht in der Lage sein soll, über den „Tellerrand“ zu schauen. Das ist mir um so klarer geworden, je länger meine Kinder in die staatliche Schule gehen. Mir ist mittlerweile fast egal, welche Noten sie nach Hause bringen, spiegeln diese doch nur die Lehrfähigkeit von Frau Merkels Indoktrinationspersonal wieder. Sicher, schlechte Noten, die aus purer Faulheit der Kinder entstehen, finde ich auch nicht gut, besonders wenn es sich um einfache Dinge bzw. Dinge des täglichen Lebens handelt, welche zugegebenermaßen selten genug und ehrlich genug behandelt werden. Doch wie soll man von Lehrern, denen selbst nie beigebracht wurde, über den „Tellerrand“ zu schauen, erwarten, dass diese Unterrichtsstoff so vermitteln, dass die Kinder Spaß am Lernen haben? Ich spreche aus Erfahrung, dass Benotung häufig als adäquates Mittel zur Bestrafung eingesetzt wird. Dies jetzt weiter auszuführen, würde hier sicher den Rahmen sprengen. Fakt ist jedoch, dass Schulpflicht (vergleichbar mit der -zurecht abgeschafften- Wehrpflicht) völlig an den Bedürfnissen der Beschulten vorbei geht. Ich wünsche mir eine Welt, wo jeder von einem Schulrecht Gebrauch machen kann, ohne jegliche Verpflichtungen. Wo Kinder das lernen können, was ihren Interessen entspricht und wo Eltern nicht dafür bestraft werden, wenn sie ihre Kinder vor der Staatsindoktrination schützen wollen. Das Ganze erscheint mir nämlich derzeit nicht gerade Zukunftsfähig. In den meisten staatlichen Schulen wird in meinen Augen nämlich das junge Volk eher verdummt, als zu eigenverantwortlich handelnden Individuen gebildet. Statt später tatsächlich Weltenbürger zu werden, verkümmern diese nun zu Kleingeistern mit einer stark eingeschränkten Weltanschauung. Stetig getrieben vom nächsten vermeintlichen „Konsumglück“. Wir stehen tatsächlich am Abgrund. Was habe ich mich so manches Mal über stumpfsinnige Kommentare meiner Kinder gewundert, welche sie aus der Schule mitgebracht haben. Dann heißt es erstmal Korrektur anhand von praktischen Beispielen. Wohl denen, deren Eltern sie lehren über den „Tellerrand“ zu schauen. Lasst uns dieses Menschenfeindliche und mafiöse Demokratur-System bekämpfen, auf das nachfolgende Generationen erfahren können, was Freiheit wirklich bedeutet!
Ich sehe Auswandern aber eher als Systemflucht, auch wenn man mir das jetzt evtl. negativ auslegt. Besser ist es in meinen Augen, dass System auszunutzen (damit meine ich jetzt nicht Harz IV o.ä.) und dabei gleichzeitig mit Füßen zu treten, auch wenn die Kinder wahrscheinlich 9 Jahre ihres Lebens verlieren werden. Die wahre Bildung lässt man ihnen, nachdem sie ihre Zeit in der Schule abgesessen haben, zuhause zukommen. Unter anderem, indem man sie lehrt, wie sie das System mit seinen eigenen Mitteln zum Kollabieren bringen können. Merke, jedes neu erlassene Gesetz ist meistens eine Modifikation eines bereits bestehenden Gesetzes. Anwälte haben es sich zum Sport gemacht, diese so zu biegen, das meist das Gegenteilige, als das Beabsichtigte der Fall sein wird. Ich finde es gut. Das zeugt von Kreativität und Intellekt. Mit seiner hirnrissigen Gesetzgebung und Tot-Regulierung manövriert sich der Staat langsam aber ganz sicher selbst aus. Als Betroffener muss man muss eben nur wissen wie man da hin hilft.
Die Absicht, ohne rechtlichen Beistand bei Gericht zu erscheinen (wie im Beitrag beschrieben) halte ich für fahrlässig. So wundert mich auch das Urteil nicht. Dem Richter ist es am Ende völlig egal, wie es dem Beklagten ergeht. Der schaltet sein Hirn aus und handelt nur nach dem, was ihm von der derzeit regierenden Mafia befohlen wurde. Da ist eben leider nichts anderes zu erwarten. Hinzu kommen natürlich noch sadistische Neigungen und Machtmissbrauch. Solchen Richtern und anderen Kettenhunden von Frau Merkel wünsche ich einen ganz schweren Schicksalsschlag, wie auch immer der aussehen mag.
Früher hat die urbane Affenbande die Leute tot geprügelt. Heute greifen sie lieber ins Portemonnaie. Das gilt als humaner.
Ich mache jetzt lieber Schluss!
Gruß Enrico
Hallo Enrico!
Ich kann Deinem Gedankenlauf folgen, sehe das von Dir bevorzugte Vorgehen aber nicht als den „Königsweg“.
Unsere Welt ist riesig und Grenzen bestehen nur in den Köpfen der Menschen. Wir haben uns dazu entschlossen, genau diesen Umstand auszunutzen. Da geht es nicht mehr um „die da oben“ oder „die da unten“, sondern ums pure Leben.
Wer sich als Teil des „Systems“ sieht, hat gar keine Chance, über den Tellerrand zu schwappen. ;-) Er muss sich nicht wundern, als Humankapital seinen Platz einzunehmen.
Doch wir Menschen sind nicht hierzu gezwungen, und auch nicht unsere Kinder. Leider geht das nicht ohne Kompromisse: Zum Beispiel ein wohnsitzloses Leben als Perpetual Traveller, oder die Suche nach einem Land, in dem Kinder das Recht haben, frei zu lernen. In Europa sind das vor allem Großbritannien, Irland und Portugal.
Warum soll ich das Wohlergehen meiner Kinder und meiner Familie für ein „mafiöses“ System opfern, das diesen Kampf einfach nicht wert ist? Ich ziehe den Hut vor jedem, der hier etwas ändern will. Aber ich kann und will es nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, meinen Kindern neun Lebensjahre zu rauben. Das ist ihre gesamte Kindheit. Nein, das haben sie nicht verdient!
Und ich bezweifle, dass Kinder große Freude daran haben, zuhause mit „wahrer Bildung“ und den Problemen des „Systems“ konfrontiert zu werden. Denn dadurch raubt man ihnen noch mehr Zeit ihrer Kindheit. Man bindet sie damit ans System (in welcher Form auch immer) – obwohl das vielleicht von den Eltern gar nicht beabsichtigt ist.
Aber ich möchte auch dazu sagen, dass es neben all dem „Indoktrinationspersonal“, wie Du es nennst, Lehrer gibt, die sich wirklich bemühen, Kindern den Spaß am Lernen nicht zu verderben. Es gab sie damals, es gibt sie noch heute und es wird sie auch zukünftig geben. Ich hatte jedenfalls solche Lehrer. Leider ändert das nichts an der Tatsache, das der Schulbesuch in Deutschland Pflicht ist und die Kinder nicht frei lernen können.
Wenn Lehrer Benotung als Mittel zur Bestrafung einsetzen, bestrafen sie sich im Grunde selbst, da Noten, wie Du schreibst, die Lehrfähigkeit widerspiegeln. Ich denke nur, dass jener Umstand den meisten Lehrern gar nicht bewusst ist. Umso wichtiger ist es, dass alle anderen diesen Zusammenhang begreifen. Wer die Benotung eines Kindes richtig einordnen kann, kann auch viel gelassener reagieren, wenn das Kind „schlechte Noten“ mit nach Hause bringt.
Unser Weg bietet uns, was Du Dir für die Kinder wünschst: Weltbürgern mit einem offenen Bewusstsein und freiem Denken zu sein. Sie gedeihen zu Persönlichkeiten, denen die eigene Entwicklung am Herzen liegt. Ja, ich denke, dass aus ihnen Menschen werden, denen das Auskosten ihres Lebens wichtiger sein wird als die Jagd nach dem nächsten Konsumglück.
Ich bin der Meinung, dass wir nicht am Abgrund stehen – obwohl es sich für die Menschen, die sich dem System verschrieben haben, gegebenenfalls so anfühlt. Wenn das „System“ tatsächlich untergeht, wird das vor allem die treffen, die sich nicht vom System lösen können bzw. konnten.
In Deutschland gegen die Schulpflicht anzukämpfen, ist in meinen Augen ein Kampf gegen Windmühlen. Dazu ist das Thema viel zu wenig im Fokus der Öffentlichkeit. Das werden noch viele der nachfolgenden Generationen erfahren. Frei kann man meiner Meinung nach tatsächlich nur sein, wenn man lernt, loszulassen. Das betrifft übrigens jeden Aspekt des Lebens. Wer das nicht verinnerlicht, steht meines Erachtens seiner eigenen Entwicklung im Weg.
Die Bediensteten des deutschen Staates gehen nach Schema F vor. Das ist bequem und sie müssen nicht viel nachdenken. Als unkritische Angestellte bekommen sie ihr Geld und haben keinen Grund, sich und ihre Entscheidungen zu rechtfertigen. Das ist wie bei Metzgern im Schlachthaus oder bei den freundlichen Damen hinter der Wursttheke, die das Leid und den Tod ausblenden und ihr Bewusstsein abriegeln. Der Richter hat genau auf diese Weise reagiert. Er darf, kann und will nicht anders.
Meiner Meinung nach nützt es nichts, diesen Menschen einen schweren Schicksalsschlag zu wünschen. Denn: Jeder in derselben Situation würde wahrscheinlich genau so handeln und entscheiden.
Liebe Grüße
Patrick
Hallo Enrico.
Welch Voraussicht.
Hallo Patrick, kannst du mir sagen, ob ich uns auch mit zweitem Wohnsitz z.B. in England melden kann und dann das dortige Schulgesetz nutzen kann, sprich unseren Sohn nicht zur Schule geben muss und dennoch einne Grossteil der Zeit in D leben? Wäre dankbar für jeden Tipp, Gruss, Essencia.
Hallo Essencia,
in unserem neuen Blogpost Anmeldung, Abmeldung & Befreiung von der Schulpflicht haben wir das Thema „Wohnsitz“ mit beleuchtet. Anders als dort beschrieben, wird es nicht gehen. Wenn Du Deine Kinder vor der Schulgebäudeanwesenheitspflicht schützen willst, dürfen sie weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort in Deutschland haben. Ein Zweitwohnsitz ist in dem Fall irrelevant.
Du kannst es natürlich so versuchen, wie andere deutsche Freilernerfamilien: Sie schwimmen soweit wie möglich „unterm Radar“ der Behörden. Und wenn es Bußgeldverhandlungen gibt, unterstützt sich die Freilernerszene gegenseitig durch Spendenaufrufe etc.
Uns wäre diese Variante zu nervenaufreibend. Zumal es von staatlicher Seite aus nicht viele Gründe gibt, wegen denen es sich lohnen würde, hier wohnen zu bleiben.
Liebe Grüße
Patrick