selbstbestimmt essen„Kinder sollen selbstbestimmt essen!“ Diese Forderung, die für die Verfechter der Antipädagogik erst einmal absolut logisch und unanfechtbar klingt, stößt bei vielen Menschen auf Unverständnis und Ablehnung. Wir erzählen Dir, wie wir als verantwortungsbewusste Eltern das selbstbestimmte Essen mit unseren Kindern gestalten, ohne sie zu dressieren, zu demütigen und zu maßregeln. Antipädagogik im Alltag zwischen Gummibärchensucht und Extrawürsten…

Du isst gefälligst auf! / Es ist ja nicht so, dass ich es Dir nicht gönne, aber Du hast jetzt echt genug gegessen.

Wir zwingen unsere Kinder nicht, aufzuessen. Ebensowenig hören unsere lieben Kleinen: „jetzt gibt es nichts mehr“, oder das Gegenteil davon: „du solltest schon etwas mehr essen“.

Als wir noch Kinder waren, erlebten wir selbst die bestimmende Haltung unserer Eltern, die uns – aus Angst um unsere Gesundheit und unsere Entwicklung – dazu ermahnten, nicht zu viel bzw. mehr zu essen. Das führte bei uns eher dazu, dass der pädagogische Gegenteileffekt eintrat. ;-)

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Wenn Du Deinen Kloß nicht aufisst, bekommst Du nach dem Essen kein Eis.

So klingt es, wenn man sein Kind in erzieherischer Weise dazu nötigen will, etwas zu essen, was es unter Umständen gar nicht essen möchte, weil es nicht schmeckt oder das Kind bereits satt ist.

Das ist Erpressung und wäre theoretisch sogar gemäß §253 des deutschen StGB strafbar, denn die Untersagung des Eisessens stellt für Kinder ein empfindliches Übel dar.

Mit dieser Art der Erpressung beim Essen behindert man die Entwicklung einer gesunden Selbstregulation.

Wenn Kinder selbstbestimmt essen dürfen, werden sie Süßigkeiten oder Knabbereien nicht als eine Form von „Belohnung“ für ein erwünschtes Verhalten ansehen. Damit sinkt auch das Risiko für Essstörungen.

Wer nicht kommt zur rechten Zeit, der muss seh’n, was übrig bleibt.

Auch das ist eine Form der Erpressung und führt unter Umständen beim Kind dazu, dass es zuviel isst, weil es Angst hat, dass nichts mehr übrig gelassen wird.

Wie André Stern halten auch wir das Spiel der Kinder für essentiell. Ein Spiel muss nicht zwingend für eine Mahlzeit unterbrochen werden. Unter Umständen lässt sich die Nahrungsaufnahme auch ins Spielen einbeziehen.

Bei uns ist das späte Frühstück ein relativ feststehendes Ritual, während die anderen Mahlzeiten davon abhängig sind, wie wir Hunger oder Appetit verspüren. Patrick bereitet in regelmäßigen Abständen größere Mahlzeiten zu, während Evelin oft gemeinsam mit den Kindern kleine Snacks herstellt.

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In der Regel essen wir aber gemeinsam, oft auch im größeren Familienverbund oder mit Freunden. Das funktioniert völlig ohne Zwang und überraschenderweise möchten die Kinder meist immer mit uns gemeinsam essen. Denn auch wenn einer von uns Großen noch nicht rechtzeitig am Tisch sitzt und z.B. noch etwas für die Arbeit oder im Haushalt zu erledigen hat, wird er von den Kindern gerufen und es wird meist so lange mit dem Essen gewartet, bis alle da sind.

„Selbstbestimmt essen“ und „gemeinsam essen“ schließen sich also nicht aus. Da die Beziehung zwischen uns und unseren Kindern eine sehr große Rolle in unserer Familie spielt, ist es für alle Familienmitglieder schön, gemeinsam zu essen. Und wenn mal jemand keine Lust oder keinen Hunger hat, dann ist das auch in Ordnung.

Du wartest, bis alle am Tisch sitzen! / Wo willst Du hin? Wir sind noch nicht fertig mit essen.

Wie wir im vorangegangenen Abschnitt verdeutlicht haben, haben wir solche Sprüche in unserer Familie gar nicht nötig.

Da allerdings bei jedem die biologische Uhr etwas anders tickt, kann es schon vorkommen, dass ein Kind gerade keinen Hunger oder Appetit verspürt, dann aber später essen möchte. Was beim Frühstück nicht verzehrt wird, landet in einer Brotbüchse, die wir tagsüber mit uns führen. In Waldkindergärten handhaben es die Kinder auch so – und ziehen während ihrer Ausflüge einen gesunden Snack aus ihrem Rucksack.

Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt!

Nun zu den Extrawürsten:

Wenn es eine einfache „Extrawurst“ ist, bekommt sie das unerzogene Kind. Ist sie jedoch mit aufwendiger Kocherei verbunden, erklären wir das unseren Süßmäulern und finden eine Lösung oder Alternative.

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Bisher sprechen wir unsere Speisewünsche mit den Kindern ab, bevor wir uns an die Zubereitung wagen und hatten damit noch nie Probleme. Selbstbestimmt essen kann so einfach sein. ;-)

Selbstbestimmt essen und kindliche Forderungen: Ich will jetzt Schokolade essen! Oder Gummibärchen! Oder Kekse! Oder Eis!

Stichwort: Verantwortung! Als gute und nette Eltern tragen wir die Verantwortung für unsere Kinder, die uns vertrauen. Was das beim Thema „selbstbestimmt essen“ bedeutet, möchten wir anhand von sogenannten „Süßigkeiten“ ausführen.

Unsere Kinder kennen die meisten Süßigkeiten nicht. Vielleicht würden sie ihnen schmecken. Doch ist es extrem wichtig, dass man seine Nahrung nicht nur nach dem Geschmack auswählt. Dass so etwas tödlich sein kann, zeigen z.B. Vergiftungen mit Tollkirschen, die angeblich recht süß und schmackhaft sind.

Kinder können die Verantwortung für ihre Gesundheit noch nicht selbst tragen und wir können sie ihnen auch nicht ohne weiteres übertragen. Das würde dazu führen, dass die Kinder sich vergiften, z.B. mit Pilzen, Pflanzen oder Beeren.

Wir als Eltern sind in der Pflicht, unsere Kinder vor kurz- und langfristigen Schäden zu bewahren, weil sie es aufgrund fehlender Erfahrung selbst noch nicht können.

Wenn wir natürlich selbst oft und gern zu Süßigkeiten und ungesunden Snacks greifen, vermuten die Kinder, diese Dinge wären nicht schädlich für die Gesundheit. Sie möchten das dann selbstredend auch probieren, weil sie ihren Eltern ja vertrauen. Wie sollen Kinder Selbstregulation erlernen, wenn wir Erwachsenen dazu schon nicht in der Lage sind und uns ungesund ernähren, manchmal sogar trotz des Umstands, dass wir genau über die möglichen gesundheitlichen Folgen bescheidwissen?

In den Köpfen vieler Menschen sitzt leider noch immer fest, dass sie den Kindern mit Zucker etwas gutes tun. Dieser Film gibt wichtige Hintergrundinformationen zum Thema Zucker:

Wie funktioniert Selbstregulation eigentlich?

Hier gibt es zwei Effekte, die wir kurz erläutern:

Zum einen spielt der Mere Exposure Effect eine Rolle: Wenn eine Speise verzehrt und gut vertragen wurde, wird sie beim nächsten Kontakt positiv betrachtet. Diesen Effekt macht sich die Nahrungsmittelindustrie zu Nutze, um uns Menschen und vor allem unseren Kindern einen Geschmack regelrecht anzutrainieren. Bei Süßwaren geschieht das über den Zusatz von Zucker, bei Fast Food über die Beigabe von Geschmacksverstärkern (Umami).

Zum anderen tritt der gegenteilige Effekt ein, wenn man „zuviel“ von einem bestimmten Lebensmittel gegessen hat – man nennt ihn „spezifische sensorische Sättigung“. Diese hilft, eine einseitige Ernährung zu vermeiden. Bei Kindern ist genau dieser Effekt nicht besonders stark ausgeprägt und sie neigen dazu, zuviel von ihren Lieblingsspeisen zu essen.

Wir leben heute nicht mehr in einer natürlichen Umgebung. Die Selbstregulationsmechanismen werden durch den Industriefraß untergraben. Da unsere Kinder das allerdings nicht wissen, haben wir als Eltern die Verantwortung, sie vor diesen „Nahrungsmitteln“ zu schützen.

Ein Ausweg aus dem Dilemma

Bewährt hat sich bei uns eine kindgerechte Erklärung, wieso wir dieses oder jenes nicht essen und eine Alternative anbieten. Hier müssen wir Eltern erfinderisch sein, um eine Chance gegen das in süße Figuren und bunte Farben verpackte „Angebot“ der Nahrungsmittelindustrie zu haben. Bei uns sind selbstgemachtes Eis, selbstgemachte Schokolade und andere süße Leckereien total angesagt. Dies alles kann zudem jederzeit in beliebiger Menge verspeist werden, da die Zubereitungen keine Stoffe beinhalten, von denen wir denken, dass zuviel davon unseren Kindern schaden würde.

Selbstbestimmt essen funktioniert nur dauerhaft ohne Schäden, wenn wir natürliche Lebensmittel zu uns nehmen.

Der Blick über den Tellerrand

Es gibt Eltern von „unerzogenen“ Kindern, die ihre Schützlinge alles selbstbestimmt essen lassen. Als Argumentation führen sie an, dass es moralisch höchst verwerflich sei, Menschen vorzuschreiben, was sie ihrem Körper zuführen sollen und es die Kinder psychisch verletzt, reguliert zu werden.

Doch substanzielle Erziehung mit ihren Vorschriften, die in die Privatsphäre und das Recht auf Selbstbestimmung eingreifen, ist gar nicht notwendig, wie wir versuchten in den vorangegangenen Abschnitten zu erläutern.

Leider entziehen sich nicht wenige „unerzogene“ Eltern der Verantwortung für ihre Kinder (und die Umwelt), weil sie die weitreichenden Folgen des Konsums nicht abschätzen oder verstehen (können oder wollen).

So übersieht oder missachtet man z.B. bei Gummitieren, dass die dazu verwendete Gelatine von echten Tieren stammt…

… oder die Schokolade, für deren Produktion Kinder in den Kakaoanbaugebieten schuften müssen…

… oder 16 Gramm gefriergetrocknete Bio-Früchte in der Plastikverpackung, bei denen die nicht biologisch abbaubare und nicht recyclebare, umweltbelastende Kunststoffverpackung mehr wiegt als der verpackte Inhalt.

Sicher wäre es den wenigsten Kindern recht, diese Umstände für den eigenen Genuss zu tolerieren, wenn sie über sie bescheid wüssten.

Ein Kind wird sich wegen dem vorenthaltenen „Nahrungsmittel“ nicht manipuliert, gemaßregelt oder ungeliebt fühlen, wenn es seinen Eltern vertraut. Dieses Vertrauen können wir nur aufbauen, wenn wir die Erziehung sein lassen und stattdessen in Beziehung zu unseren Kindern treten.

Der Vorwurf: Deinen Kindern kann man ja gar keine Freude machen!

Doch! Selbstverständlich!

Viele verstehen unsere Ansichten (und die der Zahnärzte ;-)) und reichen unseren Mädchen inzwischen freudig ein Äpfelchen, frische Beeren, Feigen oder Nüsse über die Ladentheke oder den Gartenzaun.

Andere, wozu die Großeltern zählen, „verwöhnen“ gerne mit braunen Weihnachtsmännern, süßem Gebäck oder eingefrorenem Nektar. Hier lassen wir es zu, dass unsere Kinder „die andere Welt“ kennenlernen.

Stolz bestätigen uns aber auch andere Ökoeltern, dass die „armen“ Ökokinder auswärts lieber zu frischem Obst oder knackigem Gemüse greifen.

Im reichgefüllten, bunten Supermarkt durften unsere Mädchen vor kurzem das Schokoladengeld der Uroma „auf den Kopf hauen“. Interessanterweise landeten im Einkaufskorb lauter LifeFood-Riegel und eine Packung „Mäusekäse“.

Mama, ich will Mumi machen! – Selbstbestimmt essen beginnt mit der Geburt

Wir befürworten das „Stillen nach Bedarf“. Damit wird der Grundstein für die Selbstregulierung, das Essverhalten und die Befriedigung emotionaler Bedürfnisse gelegt. Möchtest Du Dich näher mit diesem Thema auseinandersetzen, können wir Dir als Einstieg diesen Artikel empfehlen: Zuwendung und Stillen „nach Bedarf“ – Was bedeutet das?

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