Beim Scrollen durch die Instagram-Reels fallen mir immer wieder Videos auf, in denen Menschen den sogenannten „Klimaklebern“ oder „Klimachaoten“ (Rechte am Wort: BILD-Postille) zeigen, was eine Harke ist. Sorry, ich mag den albernen Ausdruck ;-)

Da schreien bevorzugt „Männer“ lautstark herum und zerren die Festgeklebten von der Straße (zum Beispiel hier). Und jetzt an alle, die es betrifft und solche Leute als Helden der Nation feiern: Einige von euch schreiben in den Kommentaren, dass ihr die blöden Klimakleber überfahren würdet, wenn es legal wäre. Andere, dass die Protestierenden keine Arbeit hätten, nichts für die Gesellschaft täten und von Mama und Papa oder dem Staat finanziert würden. Man liest auch, dass die Eltern der „Klimachaoten“ mal lieber verhütet hätten bzw. sie sich umbringen sollten, damit „wir nicht so viel CO2-Verbrauch“ (da steht wirklich Verbrauch im Kommentar) haben.

Denkt ihr eigentlich nach, bevor ihr irgendwas ins Netz rotzt?

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Das Hauptargument: „Ich muss unbedingt zur Arbeit, sonst verliere ich meinen Job.“

1. Es hätte auch ein ganz normaler Stau sein können oder ein Unfall oder was auch immer. In jedem Fall wäre es ein Leichtes, bei der Arbeitsstelle anzurufen, wenn sich abzeichnet, dass es zu einer Verspätung kommt.

Seid ihr Maschinen, die nur dazu da sind, zu funktionieren? Oder seid ihr Menschen? Warum verhaltet ihr euch in Zeiten des Fachkräftemangels wie Sklaven? Wieso kämpft ihr so vehement darum, unbedingt eure Pflicht zu erfüllen und pünktlich zu sein?

Warum nicht das Beste aus der Situation machen? Wie wäre es mit einer entspannenden, achtsamen Atemmeditation? Ihr könntet auch etwas „für die Arbeit“ vorbereiten – das würde dort sicher einen guten Eindruck machen. Oder wie wäre es mit etwas Lesen oder einem schönen Hörbuch?

Wenn ihr schon von „Klimaklebern“ aufgehalten werdet, warum nutzt ihr die Zeit nicht für euch? Das wäre gesünder für alle.

2. Gerade in Berlin, wo diese Form des Protestes sehr häufig vorkommt, kommt man mit der S-Bahn und der U-Bahn eigentlich überall wunderbar hin, auch in die Außenbezirke (ich habe das schon ausprobiert). Ich glaube, das ist auf jeden Fall entspannter als der Berufsverkehr.

Aber jetzt zum eigentlichen Punkt:

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3. Ich frage mich, wofür die ganze „Arbeit“ letztendlich gut ist. Natürlich ist es im Moment noch so, dass wir für unsere Arbeit mit Geld bezahlt werden. Aber die Arbeitswelt verändert sich. Künstliche Intelligenz, Robotik und erneuerbare Energien rütteln schon jetzt kräftig am Konzept der Lohnarbeit. Warum also den Protestierenden so energisch entgegentreten, wenn vielleicht schon wir, ganz sicher aber unsere Kinder und Kindeskinder keine Lebensgrundlage mehr haben werden, weil es einfach nicht mehr genug lebensfreundliche Gebiete auf dem Planeten gibt? Er wird für uns Menschen immer kleiner und die Todeszonen auf der Erde breiten sich zunehmend aus.

Ihr in „Deutschland“ könnt den Klimawandel noch ohne Gewissen ignorieren, weil es dort bisher nicht so viele sind, die ihn zu spüren bekommen haben. Aber was macht ihr? „Klimaflüchtlinge“, die aus den Todeszonen fliehen, weil sie dort im wahrsten Sinne des Wortes nicht mehr leben können – aber auch Kriegsflüchtlinge – sind nicht willkommen. Sie werden von euch wie der letzte Dreck, wie kriminelles Gesindel behandelt, weil irgendwelche Lobbyisten Lügen durch die Medien verbreiten und ihr „Schlafschafe“ (um eure Worte zu verwenden) das alles einfach so hinnehmt.

Wir haben nur einen Planeten, auf dem wir leben können. Doch wie soll das funktionieren, wenn Milliarden von Menschen Lebensraum brauchen, dieser aber immer knapper wird, oder wenn wir uns nicht als Menschheitsfamilie verstehen und den anderen sagen, dass wir sie hier nicht haben wollen?

Davon abgesehen ist der Mensch nicht die einzige Spezies auf der Erde. Es kommen nicht nur andere Menschen als Klimaflüchtlinge hierher, sondern auch Mücken, Spinnen usw., die ihr – so vermute ich – ganz sicher nicht hier haben wollt. Aber gegen diese Migrationsbewegungen seid ihr machtlos.

Ausbreitung der Asiatischen Tigermücke (Quelle: ECDC)

European Centre for Disease Prevention and Control and European Food Safety Authority. Mosquito maps [internet]. Stockholm: ECDC; 2021. Available from: https://ecdc.europa.eu/en/disease-vectors/surveillance-and-disease-data/mosquito-maps

Nicht ganz … Ihr könntet endlich aufwachen, bewusst werden, achtsam konsumieren, umsichtig handeln. Ihr könntet euch sogar dem Protest anschließen. Schließlich könnte dies wirklich die letzte Generation sein, die sich noch auf eine Straße kleben kann.

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Ich selbst sehe mich eher als ein Rebell und handle authentisch nach eigenem Wissen und Gewissen und versuche, meiner Intuition zu folgen. Das Anliegen der Letzten Generation finde ich wichtig, die Form des Protests diskutabel, aber die Reaktionen auf deren Aktionen zum Teil absolut überzogen. Ihr lasst euch von den Medien so ungeheuer radikalisieren. Aber wir können die Welt nur verbessern, wenn wir in unserer Mitte bleiben.

Wir stehen vor unglaublichen Herausforderungen, um das Überleben der Spezies Mensch zu sichern. Am Ende ist es zwar bedeutungslos, weil die Erde uns nicht braucht. Aber wir brauchen diesen prächtigen Planeten und sollten uns an seiner Vielfalt und seinem unermesslichen Reichtum erfreuen. Wäre es nicht schön, all das zu erhalten? Sollten wir uns nicht alle als Hüter der Erde und der biologischen Vielfalt verstehen?

Ja, auch ihr fordert in den Kommentaren zu den Aktionen der „Letzten Generation“ dass sie sich lieber aktiv für die Umwelt und andere Menschen einsetzen sollen: Müll sammeln, Bäume pflanzen etc. Aber macht ihr das eigentlich selbst?

Ich finde es gut, wenn Menschen für ihre Ideale einstehen und dann auch solche Protestformen wählen – weil sie in gewisser Weise auf das Thema Klimaschutz aufmerksam machen. Statt mit Wut und Ärger zu reagieren, solltet ihr, die ihr euch gestört fühlt, vielleicht gemeinsam mit ihnen für die Umwelt demonstrieren, um den Druck auf die Politik zu erhöhen. Denn natürlich ist in Sachen Klimaschutz noch Luft nach oben. Ihr müsst euch ja nicht gleich auf die Straße kleben. Aber es ist sicher in unser aller Interesse, dass die Erde als Lebensraum für uns erhalten bleibt. Oder ihr übernehmt Eigenverantwortung und werdet zu Rebellen, indem ihr euch zum Beispiel selbst ein Tempolimit von 100 km/h setzt, auf tierische Produkte verzichtet und euch für eure Mitwelt engagiert.

Im Sinne des von der letzten Generation geforderten Gesellschaftsrates könnten wir (am besten auf Basis der Blockchain – dann ist das sogar global möglich) eine digitale direkte Demokratie entwickeln, in der jeder Verantwortung übernimmt und mit seiner Stimme die Zukunft mitgestalten kann. Dann brauchen wir keine „Volksvertreter“ mehr. Leider fehlen mir dafür die Programmierkenntnisse. Aber vielleicht gibt es ja da draußen irgendwen, der den Arsch in der Hose hat, dieses Projekt umzusetzen?

Zum Schluss möchte ich euch noch ein paar Worte von Marc-Uwe Kling zum Thema „Klimawandel“ mit auf den Weg geben:

„Ja, wir könnten jetzt etwas gegen den Klimawandel tun, aber wenn wir dann in 50 Jahren feststellen würden, dass sich alle Wissenschaftler doch vertan haben und gar keine Klimaerwärmung existiert, dann hätten wir völlig ohne Grund dafür gesorgt, dass man selbst in den Städten die Luft wieder atmen kann, dass die Flüsse nicht mehr vergiftet sind und dass die Autos weder Krach noch Gestank von sich geben. Das wäre dann schon sehr blöd.“

Wie steht ihr zum Thema „Klimakleber“? Seid ihr „Klimachaoten“ oder findet ihr es gut, dass jemand für unsere Mitwelt auf die Straße geht und sich anklebt? Was tut ihr selbst, um unseren Lebensraum zu erhalten? Oder haltet ihr es wie der Millionär, Unternehmer und Verleger Julien Backhaus: „Nach mir die Sintflut, ich habe keine Kinder“? Schreibt es gern in die Kommentare.

Bis bald
Euer Patrick

PS: Die letzte Generation fordert in ihren Protestaufrufen, dass Rettungsfahrzeuge durchgelassen werden müssen. Das wollte ich noch sagen, weil sich viele darüber aufregen, dass die Protestierenden das nicht tun. Wenn das passiert, dann hat das nichts mit dem Protest und dem Anliegen der Menschen zu tun, sondern mit bornierten Einzelpersonen. Wenn ihr euch intensiver mit der Protestbewegung auseinandersetzen wollt, empfehle ich euch nicht die Nachrichten in den Klatschzeitungen, sondern die Website der letzen Generation selbst.

CC BY-SA 4.0 Klimakleber und Klimachaoten von Free Your Family ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.