Der Medienkonsum meiner Kinder - zwischen Selbstbestimmung und Verantwortung

Obwohl wir mit „Digitale Revolution: So bereiten wir unsere Kinder auf die Zukunft vor“ und „Minimalismus und digitale Medien in unserer Familie“ bereits Beiträge zum Thema „Fernseh- und Medienkonsum“ veröffentlicht haben, möchte ich hier einfach ganz offen aus dem Nähkästchen plaudern. Denn nicht nur in Leserbriefen werden wir um unsere Meinung hierzu gebeten. Auch mir selbst stellt sich die Frage, wie ich es mit dem Medien- und Fernsehkonsum meiner Kinder halten soll.

  • Was hat der Medienkonsum von Kindern mit „unerzogen“ zu tun?
  • Wie viel „Freiheit“ und Selbstbestimmung gestehe ich meinen Kindern zu?
  • Gibt es ein „Zuviel“ oder ein „Zuwenig“?
  • Sollte ich meine Kinder schützen?
  • Und in welcher Verantwortung sehe ich mich?

Medienkonsum, Kinder und „unerzogen“ – wer ist im Recht, wer im Unrecht?

Um in das Thema Medienkonsum von Kindern besser hinein zu rutschen, erzähle ich eine kleine Episode aus unserem Leben:

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Wir waren mit unseren Kindern für ein paar Tage bei einer Freundin eingeladen. Das Wohnzimmer mit Fernseher war unser Quartier. Eines Tages legte die Freundin ihrem Kind eine DVD am TV ein. Zu spät erfuhr ich, dass der Film im Beisein unserer Mädchen gestartet wurde.

„Zu spät“ meine ich, weil ich ihre Fingernagel-Späne schon in ihren ängstlichen Gesichtern sah, als ich dazukam. Der Kinderfilm war mit FSK 0 angegeben. Doch ich spürte, dass er mit einer Traurigkeit verbunden war, mit der ich meine Kinder unter keinen Umständen alleinlassen sollte. Das Fernsehen überforderte sie.

So unternahm ich etwas, was mir unsere Freundin bis heute vorwirft: Ich stoppte den Film. Das tat ich, um meine eigenen Kinder zu schützen. Als unhöflicher Gast löste ich einen erbitterten Wutausbruch bei ihrem Kind aus.

Ursprünglich war es mein Plan, den Film nach einer Erklärung zu pausieren, die jedes Kind versteht, und meine Mädchen aus dem Raum zu holen. Dann hätte das Gastgeber-Kind seinen Lieblingsfilm weiter anschauen können.

Medienkonsum bei Kindern und das unantastbare Recht auf Selbstbestimmung

Mit dieser Freundin könnte ich bis ins Unendliche diskutieren, wer hier im Recht und wer im Unrecht war.

Facebook-Gruppen zum Thema „unerzogen“ beschäftigen sich mit ähnlichen Vorfällen. Dort raten die „Experten“ dazu, die Kinder einfach so lange in die Röhre gucken zu lassen, wie sie wollen. Nach ein oder zwei Wochen pendele sich der Medienkonsum von allein auf ein „vernünftiges“ Maß ein.

Es gibt Eltern, die einen stundenlangen Fernsehkonsum nicht kritisch sehen. Ihre Kinder kämen mit der freien Wahl schon mit unter drei Jahren klar. Ihr Recht auf Selbstbestimmung wird nicht von den Ängsten der Eltern eingeschränkt.

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Verantwortung übernehmen

Andere Eltern berichten vom Gegenteil: Ein „normales Maß“ pendelt sich nicht ein, wenn ihre Kinder selbst über den Medienkonsum bestimmen. Sie sind nach dem „Glotzen“ träge, übermüdet oder gereizt.

In unserem durch das Reisen wachsenden Freundeskreis bestätigt sich diese „Ausnahme“. Deshalb oute ich mich beim Thema Medienkonsum wie beim Thema Süßigkeiten: Ich trage die Verantwortung für die körperliche, geistige und seelische Gesundheit meiner Kinder. 

Übertrage ich meine Ängste?

Diese wundervollen, kleinen, großen Seelen kommen so perfekt in diese Welt und ich möchte sie schützen, so gut ich nur kann. Das sehe ich als meine Pflicht als Mutter.

Gewiss kann ich meine Kinder nicht vor allem bewahren. Denn, wie André Stern schon sagt: Kinder sind dafür gemacht, in die Welt hinauszuziehen. Sie eignen sich Wissen und Fähigkeiten an, indem sie etwas erleben. Sie lernen von der Welt und von anderen Menschen. Kinder wollen und können ihre Einsichten nicht ausschließlich von „zu Hause“ beziehen. Mehr zur „Ökologie der Kindheit“ von André Stern findest Du hier.

Für mich ist das zum Beispiel ein Grund dafür, weshalb wir kein Homeschooling betreiben und beim Spielen in der Natur nicht ständig dabei sind. Du weißt schon, was ich meine … Wenn man aus Sorge ruft: „Achtung, klettere lieber nicht zu weit hinauf!“, oder: „Lass uns erstmal die Schnürsenkel zumachen!“ Meine Ängste würden das Spiel ausbremsen und letztendlich würden sich unsere Schützlinge weniger zutrauen.

Medienkonsum: Kleine Kinder schauen am Laptop Youtube

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Die „Ängste“, die ich um meine Kinder beim unkontrollierten Medienkonsum habe, sind für mich mehr als nur ein mulmiges Bauchgefühl.

Ich kann es bei meinen Kindern beobachten: den ängstlichen Gesichtsausdruck, kurzgeknabberte Nägel, Alpträume und quälende Fragen, die sie vielleicht gar nicht alle stellen können. Und dann die schon erwähnte Trägheit und der Missmut.

Hinzu kommen die Erkenntnisse zur Gehirnentwicklung.

All das zeigt mir, dass ich meine Lieblingsmenschen nicht uneingeschränkt fernsehen oder Videos bei Youtube schauen lassen kann. Ich überlasse ihnen nicht die freie Wahl über das Video- oder Fernsehprogramm, auch wenn es sich um Kinderfilme handelt, die ab 0 Jahre freigegeben sind.

Beim Medienkonsum bewährt: dabei sein

Deshalb halte ich es so wie Katharina Saalfrank. Vielleicht kennst Du die ehemalige „Super-Nanny“.

„Die Frage ist also: Was tun die Kinder sonst noch und wie viel Zeit nehmen wir uns für die Beziehung zu ihnen? Denn Kinder brauchen Zeit mit ihren Eltern. Der Austausch, unsere Rückmeldungen, Reaktionen, unsere Haltung und unsere Positionierungen sind wesentlich für Kinder – sie hinterlassen Eindruck und geben ihnen insgesamt Orientierung. Wenn das fehlt, verarmen Kinder emotional. Die Frage ist, ob wir bereit sind, diese Verantwortung zu tragen und uns ihr mit allen Konsequenzen zu stellen.“ – Katharina Saalfrank in ihrem Buch „Du bist ok, so wie Du bist“

Ein Erwachsener ist beim Fernsehen und beim Anschauen von Videos dabei. So können wir Gefühle auffangen. Zudem machen wir etwas gemeinsam und bewusst. Natürlich muss nicht jeder Simon‘s-Cat-Clip ausgewertet werden. Doch wenn es Bedarf gibt, können wir über das Gezeigte reden.

Genau wie Ausflüge in die Natur und zu Spielplätzen, in Museen und Sternwarten, kann auch ein Film zu einem besonderen Erlebnis werden, an das man sich gern erinnert.

Meine Kinder sollen frei sein. Dabei wünschen sie sich Halt, Werte und Orientierung. Beim Medienkonsum sieht das bei uns so aus:

  • Wir wählen Filme und Videos aufgrund von Interessen.
  • Unbekannte Filme schauen wir gemeinsam.
  • Fernseher und PC / Tablet sind keine Babysitter.
  • Zeiten am PC / Tablet sprechen wir im Vorfeld ab.
  • Wir bieten Alternativen zum Zeitvertreib. Und die sind meist für alle angesagter. Zum Beispiel ein Theaterstück für Handpuppen.

Meine Empfehlung für Dich:

Wie ist das mit dem Medienkonsum bei Dir und Deinen Kindern?

Ich bin mir im Klaren, dass ich meine Ansichten zum Fernseh- und Medienkonsum von Kindern nicht mit allen Eltern teile. Das braucht es auch nicht. Jeder darf die Schlüsse aus seinen Beobachtungen selbst ziehen. Deshalb bin ich neugierig, ob Du den Fernseher längst in den Keller verbannt hast, wie Dein Kind mit einer begründeten „Begrenzung“ klar kommt oder ob die laufende Flimmerkiste sowie Smartphone und Tablet für euch einfach dazugehören.

Erzähle mir in den Kommentaren gern, ob und wie Du zwischen den Stühlen von Verantwortung und Selbstbestimmung sitzt.

Bis bald!
Deine Evelin

PS: Eine spannende Zeitreise zum Thema „Fernsehkonsum“ (früher gab es ja nichts anderes) ist der Artikel Kinder am Kabel: „Endstation Seh-Sucht“ vom Spiegel aus dem Jahr 1989.

 

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