In diesem Beitrag möchte ich Dir erzählen, wie mir eine Auszeit vom stressigen Bürojob bewusst machte, dass ein Urlaub mit unserem Baby allein nicht ausreicht, an dessen Kindheit teilzuhaben.
Es waren vier wunderbare Monate seit der Geburt unseres ersten Babys vergangen.
Meine Freundin begrüßte mich eines Abends, als ich am Ende eines stressigen Arbeitstags nach Hause kam, mit den Worten: „Ich brauche eeeeeendlich Uuuurlaub!“
Wieso Urlaub?
Ich arbeitete etliche Kilometer entfernt von früh bis spät und hätte mit meiner kleinen Familie gern mehr als die am Wochenende zur Verfügung stehende Zeit verbracht. Überstunden sind in meinem erlernten Beruf an der Tagesordnung – zumindest, wenn man das „Glück“ hat, als Projektingenieur in einem Ingenieurbüro zu arbeiten.
Evelin kümmerte sich in meiner Abwesenheit rührend um unser kleines Mädchen. Sie schien jeden Tag ein neues Fingerspiel oder Beruhigungslied im Repertoire zu haben, erkannte Tag und Nacht die Pipisignale unseres Säuglings, trug ihn stundenlang in unserem winzigen Dorf spazieren, um doch nur wieder auf Leute jenseits der 70 Jahre gestoßen zu sein, hielt unsere neue Wohnung sauber, bügelte von meinen Anzügen bis zum Zwergenmützlein jedes Kleidungsstück, sie bewirtete mich abends mit einem schmackhaften Essen und erledigte noch unzählige andere unsinnige Dinge, auf die man spätestens nach einem Jahr und allerspätestens beim zweiten Kind pfeift. Mir fielen also genügend Gründe ein, wieso sich auch meine Liebste einen Urlaub verdient hätte.
Wo soll’s denn hingehen?
Mein Baby mochte lange Autoreisen nicht und so schlug ich Evelin ökologisch und ökonomisch sinnvolle Reiseziele vor: „Vielleicht möchtest Du für ein paar Tage zu Deinen Eltern? Oder besuche doch mal Deine Oma! Nicht? Willst Du zu Deiner Schwester?“
Dass Evelin richtigen Urlaub benötigte, wurde mir erst an einem Wochenende während einer Autofahrt klar. Der Rundfunk übertrug eine Reportage, in der verzweifelte Ägypter, aufgrund der Unruhen in Kairo im Zuge der Revolution, über ausbleibende Touristen im Lande klagten. „Aaaach! Ägypten…“, stöhnte Evelin, während ihr Blick über die schneebedeckte Landschaft schweifte. Ich konnte mich nun unmöglich länger dumm stellen: Ihr Schluchzen klang kläglich und auch ein wenig vorwurfsvoll, wie man es beispielsweise von Frauen vor Juwelierschaufenstern vernehmen kann. Da ich ebenfalls schon immer einmal in dieses Land wollte, um die Kultur und die Religion des alten Ägyptens hautnah erleben zu können, die ich bis dato hauptsächlich durch Sachbücher, einen Besuch im „Ägyptischen Museum“ in Berlin und durch die Fernsehserie „Stargate“ kannte, suchte und buchte ich noch am selben Abend eine Flugreise in das Land der Pharaonen.
Das ist mir zu teuer. Da laufe ich lieber!
Zwei Wochen später setzte ich meine kleine Familie am Flughafen Leipzig/Halle ab. Unmöglich konnte ich unser Auto diesem unangemessen teuren Parkhaus überlassen. Daher fuhr ich mehrere Kilometer weiter in die nächste Ortschaft. Dort war allerdings überall Parkverbot – war ja klar, so ganz in der Nähe des Flughafens. Ich wendete und suchte fahrend in immer abgelegeneren Gegenden nach einem Stellplatz. Schließlich parkte ich das Fahrzeug am Straßenrand in einem verschlafenen Dörfchen. Meine Aufgabe war es anschließend, zurück zum Flughafen zu finden. Unser Groß- wie Handgepäck mitsamt meinem Mobiltelefon, auf dem eine brauchbare Navigationssoftware installiert gewesen wäre, befand sich glücklicherweise schon dort. Ich orientierte mich an den verlässlichen Himmelsrichtungen und dem in der Ferne aufragenden Tower des Flughafens, weshalb ich die mir entgegenkommenden Menschen nicht einmal nach dem Weg fragen brauchte. Nach nicht einmal zwei Stunden bestätigte sich mein ausgeprägtes geographisches Gedächtnis; Ich hatte den Fußmarsch zum Airport geschafft.
Vorfreude, schönste Freude
Spätestens jetzt waren all meine Sorgen um meinen ökologischen Fußabdruck, die Terrorgefahr, die geförderte Ausbeutung des Hotelpersonals im Zielland und die Störung der Gehirnentwicklung unseres Kindes durch den Flug sowie mein kritisches Konsumverhalten vergessen.
Ich würde eine intensive Zeit haben, in der ich, statt meinen Windows-7-Bildschirm zu sehen, das laute Ticken der Bürouhr, auf welcher die Zeit stillzustehen schien, zu hören, einen schlecht gelaunten Vorgesetzten zu erdulden und den dünnen Kaffee der Mitarbeiter zu riechen, bald das tun kann, was ich liebe: Endlich würde ich mit meinem kleinen Baby spielen können, statt ihm nur beim Schlafen zuzusehen. In wenigen Stunden würde meine Freundin, anstelle von Still-BH und Spuckwindel, Bikini und Sonnenhut tragen. Ich würde das Meer rauschen hören und den Geruch von Sonnencreme und Cocktails gleichzeitig aufnehmen können.
Mit unserem Baby in der Boeing 737
Als ich neben meinem glücklich schauenden großen und meinem staunenden kleinen Mädchen im Flugzeug Platz nahm, brachte uns die Stewardess eine kleine Wundertüte. Brave Babys konnten darin ein Lätzchen, eine Nuckelflasche, Windeln und Pflegetücher finden. Da unser Baby bei Start und Landung zum Druckausgleich gestillt wurde und sich nicht weiter an dem Kindergurt störte, der den Umfang eines Hula-Hoop-Reifens hatte, benötigten wir diese kleinen Geschenke gar nicht, um unser Kind zum Leisesein zu motivieren. Ich stellte fest, dass sich meine Liebste tatsächlich täglich ein Lied oder Spiel angeeignet haben musste: Sie sang und erzählte während der vier Flugstunden ununterbrochen mit unserer Kleinen, was sicherlich die hinter uns sitzenden Passagiere bezeugen konnten. Ich genoss den Vorzug, ob unseres Babys in der ersten Reihe sitzen zu dürfen, streckte die Beine so gut es ging aus und war froh darüber, dass ich nicht, wie die neben uns sitzenden Zwillingseltern, zwei Einjährige ständig im Gang einfangen und vom Anmalen der Sitze und Flugzeugwände mit Wachsmalstiften abhalten musste.
Was uns am Urlaubsort erwartete
Vom Fenster des Flugzeugs aus konnte ich nach ca. vier Stunden Flugzeit die größte Stadt Afrikas erkennen; hell erleuchtet erstreckte sich Kairo über eine große Landfläche an der Mittelmeerküste. Nur wenige Flugminuten später hatten wir das, was „eeeeeendlich Uuuurlaub“ hieß:
- Acht Tage Hitze, die Evelin als „wohlige Wärme“ bezeichnete.
- Acht Tage, an denen wir weder Vorgesetzte noch Übersiebzigjährige trafen.
- Acht Tage ohne Ehekrach wegen Ausräumen des Geschirrspülers oder Herausbringen des Mülls.
- Acht Tage, an denen sich meine zwei Mädchen mehrmals täglich in unterschiedlichste Sommerkleider warfen, damit auch ja jedes der einhundert eingepackten Kleidungsstücke mindestens einmal angezogen wurde.
- Acht Tage, an denen ich das genüssliche Schmatzen und fröhliche Babbeln unseres Kindes auch tagsüber hören und erleben durfte.
- Acht Tage, an denen ich mittags auf den Liegen am Pool neben meinem süßen Baby schlafen konnte.
- Acht Tage, an denen keine Badetemperatur überprüft werden musste.
- Acht Tage, an denen ich verliebt zusehen konnte, wie die kleinen Finger meines kleinen Mädchens mit den Strandtüchern spielten und wie ihre niedlichen, dicken Füßchen zum ersten Mal Sand spürten.
- Acht Tage, an denen ich sie bei Abendspaziergängen ohne Mützchen, Hemdchen, Jüpchen, Jäckchen, Windelhöschen, Höschen, Babystulpen, Sabbertuch usw. ins Tragetuch stecken konnte.
- Acht Tage Touristenhochburg Hurghada.
Ich war dabei, als meine Tochter zum ersten Mal in ihrem noch jungen Leben etwas aß: Das schönste Türmchen aus „Tausendundeine Nacht“ – eine geschwungen geschnittene, hohl durchbrochene, mit kleinen Fenstern verzierte Gurke, die die Dekorationsspitze des reichlich gefüllten, delikaten Buffets – wo es genügend Auswahl für uns Veganer gab – darstellten sollte.
Ich erlebte einen besonderen Augenblick der motorischen Entwicklung unseres Kindes mit: Auf dem Hotelbett rollte sich das Baby von der einen Seite zur anderen. Es war der Augenblick, in dem Evelin mit ihrer Grundschullehrerstimme die Notwendigkeit der Mitnahme des dicken Stillkissens in meinem nur zur Hälfte ausgefüllten Koffer verteidigte und auf mein zustimmendes Nicken wartete.
Nicht nur ihr Stillkissen stimmte Evelin zufrieden, auch der Austausch mit vielen anderen Müttern schien ihr sichtbar gut zu tun. Unser Baby durfte auf den Spieldecken anderer Kinder liegen, ohne dass in meiner Liebsten eine unterdrückte Angst vor Keimen ausbrach. Selbst das Spielzeug wurde nicht sofort nach jeder Fremdbenutzung abgespült. Ich war mir sicher: Diese Art Urlaub schien Evelin glücklich zu machen. Und wenn es einer Mama gut geht, geht es deren Kind ebenfalls gut.
Zu unserem Aufenthalt in Ägypten sei noch erwähnt, dass wir uns vor Ort dafür entschieden, die blasse Babyhaut nicht mit unserem in Deutschland erstandenen Testsieger Baby-Sonnenschutzmittel einzucremen, nachdem wir einen Blick auf die ganzen Inhaltsstoffe geworfen hatten. Stattdessen schützten wir ihre zarte Haut im Urlaub hauptsächlich durch luftige Kleidung und Aufenthalt im Schatten (wie Du auf dem Bild sehen kannst). Du kannst als natürliche Sonnenschutzmittel auch Pflanzenöle wie Sesamöl, Kokosöl oder Jojobaöl verwenden, wodurch die Vitamin-D-Produktion in der Haut nicht behindert wird, wie dies bei der Verwendung von „Sunblockern“ der Fall ist.
Der unvergessliche Ausflug
Natürlich soll keiner vermuten, bei unserer Reise nach Ägypten hätte es sich um einen langweiligen Eltern-Kind-Urlaub gehandelt, den man überwiegend im Babypool verbringen würde, wo man die Schwimmärmchen aufpustet und verschollene Sandförmchen einsammelt.
Zur Abwechslung trug, neben den Spaziergängen durch die Stadt, wo man als Tourist erkannt und beständig angesprochen und zum Tee eingeladen wird, um schließlich Teppiche, Krimskrams, Kinkerlitzchen, „Ausflüge mit erfahrenen Reiseführern“ und im Dunkeln leuchtendes Papyrus zu erwerben, insbesondere unser Ausflug in das Stadtzentrum Hurghadas bei.
Es gab zwei Möglichkeiten, von unserem noblen Hotel namens „Grand Resort“ dorthin zu gelangen: Unser Baby hätte sich beim Anblick der treuen Kamele sicher freiwillig für mehrere Stunden Reisezeit auf solch einem haarigen Rücken entschieden, doch schmeichelte uns Eltern eine weniger zeitaufwendige, veganerfreundliche Fortbewegungsmethode mehr. Wir ahnten nicht, dass unsere Entscheidung dazu führen würde, dass wir auf den Weg in die Innenstadt teils schwebend, springend, düsend und ständig hupend ganz im Stile der Fernsehserie Knight Rider nur so dahinpreschen würden; Wir stiegen in ein ägyptisches Taxi.
Ich hatte es noch nie erlebt, dass Evelin an meinem Fahrstil nichts auszusetzen hatte und schob es nun auf fehlendes Vokabular, dass sie sich bei „Michael Knight“ – unserem neuen Freund, dem koptischen Taxifahrer, nicht beschwerte. Zwar sah ich ihr aufgrund ihrer inzwischen gebräunten Haut keine aufsteigende Blässe an, doch erwartete ich jeden Moment, dass sie – um Schlimmeres zu verhindern – nach vorn greifen und den roten Turbo-Boost-Knopf überdecken würde.
Mein Kind wippte vergnügt auf meinem Schoß und schien sich an der Leichtigkeit des Lebens zu erfreuen, und darüber, endlich einmal nicht in eine doofe, doch super sichere Testsieger-Babyschale gequetscht zu werden. Dass ich auf mein besonders cooles Baby stolz sein konnte, bestätigten die viertelstündlichen „Sweet Baby!“-Bemerkungen der kinderfreundlichen Einheimischen über mein blauäugiges, blondes Mädchen. Sobald ich den arabischen Namen unserer Tochter preisgab, wurde sie noch mehr bejubelt und wir als königliche Eltern mit exotischen Früchten des Niltals beschenkt.
Das wäre fast in die Hose gegangen
Nicht nur unser erster Urlaub als Familie war ein spannendes Erlebnis, auch unser Mitbringsel hatte es in sich: „Pharaos Rache“. Während mein gesundes Kind vom Abflug über die holprige, sandige Startbahn bis zum Landeanflug wiedereinmal durch den liebevollen und zarten Gesang meiner vor zusammengekrümmten Liebsten betört wurde, lauerte ich auf das aufleuchtende „Frei“-Symbol der Flugzeugtoilette. Sollte Dich im Urlaub auch einmal die sehr unangenehme Reisediarrhö erwischen, hilft vor Ort in Ägypten das Medikament „Antinal“ und zu Hause in Deutschland das zugehörige Pendant „Pentofuryl“, welches den gleichen Wirkstoff enthält. Ich bin sonst nicht dafür, Pillen zu schlucken, wenn ich irgendwelche Krankheiten habe. Diese Arznei vollbrachte allerdings wahre Wunder – zumal sie gemäß Packungsbeilage nebenwirkungsfrei sein soll.
Ein folgenschweres Erlebnis
Unser Urlaub mit Baby in Ägypten zeigte mir nicht nur, wie wichtig Stillkissen, Beruhigungslieder und Fingerspiele sind. Er machte mir vor allem bewusst, wie gut es mir tut, meine Zeit mit denen zu verbringen, die mir am wichtigsten sind. In diesen acht Urlaubstagen schenkte ich meinem Kind, verhältnismäßig gesehen, nicht einmal 0,156 % der Zeit seiner Kindheit (bis zum 14. Lebensjahr). Ich wusste, dass ich als angestellter Projektingenieur noch viel Zeit verrinnen lassen würde, die ich genauso gut mit meinem Kind verbringen könnte. Bis zur Kündigung meines Jobs als Angestellter im Ingenieurbüro verging noch ein dreiviertel Jahr, in dem ich mich oft an die gemeinsame Urlaubszeit mit meiner Familie erinnerte und in dem mir bewusst wurde, dass ich in meinem Leben etwas ändern musste, um mein Leben und das meines Kindes anstelle des Bankkontos meines Chefs zu bereichern.
Eindrücke aus dem ägyptischen Alltag:
Blogparade zum Thema „Unser erster Urlaub mit Baby“
Dieser Blogbeitrag wurde inspiriert durch die Blogparade des Hotels „Alpina Zillertal“ zum Thema „Unser erster Urlaub mit Baby“. Dort sind noch weitere Erfahrungsberichte anderer Eltern zu lesen.
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