Liebe LeserInnen, ich lebe aus Überzeugung vegan, fordere eine selbstbestimmte Bildung für meine Kinder und erziehe sie nicht konsequent in althergebrachter Form … Vor einer Weile erkundigte sich eine Nachbarin, wieso ich so „anders“ und „extrem“ sein will. Sie fragte mich das nicht persönlich, sondern über eine Freundin. Das ist verständlich; denn hinter meiner eher zarteren Statur lauert ein knallharter Schläger. Im Geheimen; um Lottas Worte aus der Krachmacher-Straße zu verwenden (Astrid Lindgren – Na klar, Lotta kann Rad fahren).
Anders, extrem & radikal
Ihr Lieben, unter euch habe ich viele Gleichgesinnte. Und wir finden uns alle kein bisschen „extrem“. Manche Dinge gehen wir anders an, das ist richtig. Doch wir tun das nicht, weil wir uns hervorheben oder etwas Besseres sein wollen. Es ist für uns nur nicht der Sinn des Lebens, dass der Rasen immer schön gemäht ist, wir uns durch Sonderangebote wühlen oder das Fernsehprogramm stimmt.
Was „normal“ ist, muss nicht „richtig“ sein
Manch einer findet es ekelig, ich weiß: Ich produziere Milch. Da fließt weißes, süßes Sekret aus meinen Brustwarzen, die ich in die Münder meiner Kinder stecke. Dabei könnte ich bequemerweise die Muttermilch einer anderen Spezies verwenden: als Säuglingsnahrung, zum Kochen und Backen und zur Körperpflege.
Zum einen haben wir heute eh genügend „Hochleistungskühe“. Sie brauchen ihre Babys sowieso nicht säugen, da diese ihren Müttern weggenommen werden. Und irgendwer muss die ganze Milch doch trinken, die eigentlich für die Kälbchen gedacht ist – sonst platzen die Euter. Ist bei mir ja auch so, wenn keines meiner Kinder stillen will.
Zum anderen sagt die Werbung, Milch sei gesund. Komisch, dass sie solch eine Anpreisung braucht … Aber wenn es im Fernsehen kommt oder in den Prospekten beim Arzt geschrieben steht, muss es ja stimmen.
Wieso also mache ich es für meine Familie so kompliziert und streiche jegliche Tierqualprodukte aus dem Speiseplan? Dafür gibt es nur eine Erklärung: Ich bin kleinlich und extrem. So wie der „Artgenosse“ im folgenden Video …
Es hat uns doch auch nicht geschadet
Kommen wir jetzt zu meinen Nachkommen, die ich gleichberechtigt behandele und mit denen ich spreche, als wären sie Erwachsene. Das wird wohl daran liegen, dass ich nur wenige Köpfe größer bin als meine Kinder. Wenn ich sie „normal erziehen“ würde, muss ich irgendwann ja Angst haben, dass ich mal ein blaues Auge davontrage.
Es ist in der Gesellschaft etabliert, die Kinder nicht aufgrund von gemeinsamen Interessen, sondern nach Alter in Klassenräume zu zwingen und sie dort nach Schema F zu belehren. Da die Schulpflicht eine Errungenschaft des Kaiserreichs ist, kann das so nur gut und richtig sein. Die Antwort darauf, wieso meine Kinder nun in Freiheit aufwachsen und nach Lust und Laune mit Begeisterung lernen dürfen, wenn sie das wollen, pfeifen längst die Spatzen von den Dächern: Ich kann mich nicht durchsetzen.
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Im Ernst: Extrem & anders – für unsere Zukunft und die unserer Kinder
Zugeben muss ich, dass ich so extrem und anders bin, weil ich eine bessere Welt haben will. Damit bin ich ja nicht die Erste. Werfen wir einen Blick auf die Geschichte, hielten es unsere Vorfahren genauso. Sie wollten etwas ändern und taten es:
Jede Generation hat ihre Aufgabe. In der Nachkriegszeit war es unseren Omas und Uromas wichtig, ein Dach über den Kopf zu bekommen. Unsere Eltern kämpften vielleicht für den Fall der Berliner Mauer oder für Gleichberechtigung. Das war schwierig genug. Wie sollte da Zeit und Kraft bleiben für Themen, die uns heute beschäftigen und unsere Existenz auf dem Planeten bedrohen?
Das Artensterben, die Ausbeutung der Ressourcen der Erde und die Rodung der Regenwälder für billige Palmölprodukte, zum Beispiel: Das sind Tatsachen, die aus meinem Kopf nicht schwinden, die sich nicht schönreden lassen und für die es JETZT Lösungen braucht.
Wir brauchen unseren Vorfahren nicht vorwerfen, dass sie ihr Leben genau so leben oder lebten wie sie es tun bzw. taten. Lasst uns das mit einem Beispiel beleuchten:
André Stern, ein erwachsenes Kind, das seine Begeisterung nie verlor, lebt vegan. Seine Familie ist über diese „trendige“ Ernährungsform gut informiert, kennt tolle Rezepte, weiß um die richtige Zusammenstellung der Nährstoffe und hat Freude daran. Seinen Eltern macht er keinen Vorwurf, dass er bei ihnen „nur“ vegetarisch aufwuchs.
Ich will damit sagen, dass man vieles im Leben ändern kann (und sollte). Das funktioniert aber erst, wenn man die Folgen absehen kann. Deshalb steht es mir auch nicht zu, so streng mit der Nachbarin ins Gericht zu gehen.
Wenn ihr mehr über die Hintergründe wissen wollt, WIE man nur so extrem werden kann, dann schaut gern diese Filme an. Sie können euer Leben verändern. Vielleicht seht ihr die Welt hinterher mit anderen Augen.
Unser Planet braucht uns und Kinder, die von Anfang an das Zusammenspiel des Lebens verstehen!
Fühlt euch in (statt auf) den Arm genommen!
Eure Evelin
Vegan lebende Öko-Freilerner-Mama: Wieso bin ich so extrem? von Free Your Family ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.
Liebe Evelin,
ich bewundere Euch für Euren Lifestyle, dafür, dass Ihr für die Werte, die Euch wichtig sind, geradlinig einsteht. Dabei nehmt Ihr sicher auch manches in Kauf, das Andere als Verzicht empfinden würden. Zum Beispiel Zeit für seine Kinder zu haben, mit ihnen zu lernen und zu wachsen, andere Wege in der Erziehung und Bildung zu gehen, heißt ja auch, dass unter Umständen weniger Verdienst da ist und die Familie auf einige Dinge „verzichten“ muss – auch wenn Ihr das selbst ganz anders seht. Oder auf Palmöl, Plastik und co so gut es geht zu verzichten, bedeutet eben auch, vieles nicht kaufen zu können, anders einkaufen zu müssen.
Was ich damit sagen will: alles, was einem fremd ist, was nicht „Mainstream“ ist, wird von Anderen als extrem wahrgenommen. Teilweise reagieren Menschen zunächst verständnislos, werden dann sogar aggressiv, wenn man sagt, dass man sich vegan ernährt, weil man das Tierleid nicht länger unterstützen will. Aber warum ist das so? Weil im Grunde eigentlich jeder genau weiß, was Sache ist in unserer Tier“industrie“, aber viele wollen es nicht wahrhaben oder etwas ändern am eigenen Konsumverhalten.
Was ich teilweise allerdings frustrierend finde, ist, wie schwer es einem die Industrie macht, wie extrem man wirklich vieles umstellen muss, um z. B. Plastik zu meiden. Und gerade vegane Ersatzprodukten, die es zumindest inzwischen viel zu kaufen gibt, sind oft massig in Plastik verpackt oder nicht aus biologischer Landwirtschaft… Wenn sich wirklich die Menschheit in großen Teilen ändern soll, muss die Industrie mitziehen. Und davon sind wir leider weit entfernt, wie ich immer wieder frustriert feststellen muss beim schnellen Einkauf im stressigen Familienalltag. Denn alles selbst zu machen, klappt einfach oft nicht bei uns. Daher denke ich: nur wer „extrem“ ist wie Ihr, kann derzeit viel ändern! Das macht Ihr. Ich finde das toll! Lasst Euch nicht entmutigen, auch wer komisch reagiert, denkt vielleicht im Stillen doch nach über seinen eigenen Lifestyle…
Liebe Grüße
Sabine
Noch einmal hallo, liebe Sabine,
ja, wir versuchen unser Bestes, gerade beim Einkaufen (oder eben beim Nicht-Einkaufen), aber, wie du schon sagst, es wird uns schwer gemacht. Was den Konsum und Kinderbevormundung durch ständige Erzieherei angeht, möchte ich manchmal gern in meine Zeitmaschine steigen.
Aber, um es kurz zu machen: Immer mehr werden sich unseres Konsum-Skandals bewusst. Sehen wir das Positive! :-)
Herzliche Grüße, Evelin
Hallo, finde mich in vielen deiner Worte wieder. Ich wollte nicht anders sein. Oder extrem. Ich handle einfach anders, als viele andere. Weil ich es richtig finde und mir entspricht.
Liebe Grüße
Lena