Evelin mit einer lustigen Brille
Unser erstgeborenes Kind wird im Sommer schulpflichtig – zumindest vom Alter her, denn es ist sechs Jahre alt. Noch ist unsere Große kein Schulkind und dennoch haben wir inzwischen Erfahrung mit dem Schulamt und den örtlichen Grundschulen gemacht, um die es in diesem Beitrag gehen soll. Außerdem gehe ich darauf ein, wie wir unsere Kinder von der Schulpflicht befreien. Denn wir hegen schon lange den Wunsch, mit ihnen in der Welt umherzureisen und ihnen die autodidaktische Bildung zu ermöglichen (was man heute „freilernen“ nennt).

Anmeldung an einer freien Schule

Wir wollten trotz unseres Wunsches noch einen „Sicherheitsfahrschein“ haben. Also meldeten wir unser Mädchen an einer freien evangelischen Grundschule an.

Dort befragte man uns Eltern höflich nach Beruf, Finanzierung des Schulbesuchs etc. Unterdessen testete eine freundliche Lehrerin die Schulfähigkeit unseres Mädchens in einem Nebenraum. In einem achtseitigen Test mit je zwei Aufgaben wurde das Schreiben ihres Namens, das Lesen einfacher Wörter, das Zählen und Schreiben von Zahlen, das Verbinden von Zusammenhängen usw. festgehalten.

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Die evangelische Grundschule in kirchlicher sprich freier Trägerschaft ist begehrt. Es gibt viele Anmeldungen, aber nur begrenzte Kapazitäten. Unser Kind landete weit oben auf der Warteliste – mit guten Chancen, bald die Zusage ausgehändigt zu bekommen, sollte ein Platz frei werden.

Antrag auf Beurlaubung

Während der Wartezeit schickte ich der Schulleitung dieser etwas alternativeren Schule einen Antrag auf Beurlaubung zu. Das sollte uns die Möglichkeit geben, ein Jahr lang umherzureisen. Weil diese Grundschule jedoch noch nie „so einen Fall“ hatte und sich mit meinem Urlaubsantrag überfordert fühlte, verwies sie uns an die städtische Schule – das könnten die entscheiden.

Hier liegt die Chance der Gestattung eines Antrags auf Beurlaubung allerdings bei circa null Prozent. ;-) Ich kenne die staatliche Grundschule, ihre Lehrer, ihr „pädagogisches“ Bild vom Kind und die Schulleitung. Garniert wird das Ganze durch eigene Schulkinderfahrungen und jede Menge Schaudergeschichten anderer Kinder und Eltern.

Der Tag der offenen Tür nahm mir zusätzlich die Lust, dahingehend mit dieser Schule zusammenzuarbeiten. Wir beschlossen endgültig, unseren Wohnsitz dauerhaft aufzugeben und diesen Sommer in unser „neues Leben“ als Digitale Nomaden und Dauerreisende (Perpetual Traveller) aufzubrechen. Die staatliche Schule kontaktierten wir also nicht.

Mit unserem Antrag auf Beurlaubung bei der evangelischen Grundschule wurde unser Mädchen, ohne Rück- oder Weitermeldung an uns, von der Warteliste gestrichen. Davon bekam ich erst später Wind. Ebenso erfuhr ich, dass bei dieser Schule offenbar auch niemand etwas von der DSGVO weiß. Die Direktorin, ihre Tochter und die Sekretärin plauderten mit Außenstehenden über unsere Absicht und stellten über sie Nachforschungen an. In Ordnung finden wir das nicht.

Post vom Schulamt

Eines Tages kam Post vom Schulamt: Wieso hätten wir unser Kind denn nicht an einer Grundschule angemeldet?

Ich rief beim Schulamt an. Mit der Sachbearbeiterin vereinbarte ich, KEINE Anmeldung an einer Grundschule vorzunehmen, da wir uns Ende Mai für unseren Roadtrip dauerhaft aus Deutschland abmelden werden. Das Schulamt würde die Abmeldung des Wohnsitzes zu gegebener Zeit beim Einwohnermeldeamt prüfen und die Sache ginge so in Ordnung.

Die Beharrlichkeit der Grundschule

Zwei Monate später, an einem Samstag vor dem Osterfest, kam ein neuer Brief vom Schulamt, diesmal von einer anderen Kollegin: Die LETZTMALIGE Aufforderung zur Anmeldung an der staatlichen Grundschule, sonst drohe ein empfindliches Bußgeld.

Das zweite Schreiben von der Schulbehörde - mit Bußgeldandrohung

Das zweite Schreiben von der Schulbehörde

Nach den Feiertagen rief ich gleich beim Schulamt an. Es stellte sich heraus, dass die städtische Grundschule der Behörde keine Ruhe ließ. So fühlte sich die Mitarbeiterin schließlich genötigt, diesen Frust in Briefform an uns weiterzuleiten.

Aus anderen Quellen erfuhr ich, dass man an der Grundschule meine, wir würden doch nur „Homeschooling“ machen wollen. Und wir sollten unser Kind unbedingt anmelden, sonst kämen nicht genügend Kinder für zwei Klassen zusammen. Außerdem gibt es nun mal eine Schulpflicht, weil es eine Schulpflicht gibt.

Wie man mit der Grundschule einen Termin ausmacht

Bis ich einen Termin zur Anmeldung an der Grundschule bekam, wurde eine Woche lang nicht abgenommen bzw. gleich wieder aufgelegt. Nun gut, es waren ja auch Ferien.

Ich bat das Schulamt um eine Fristverlängerung, was kein Problem darstellte. Ich könne auch ruhig wieder anrufen, wenn ich einen weiteren Aufschub bräuchte.

Vier Tage später nahm die Direktorin der staatlichen Grundschule mein Gespräch doch entgegen. Ich fragte sie, ob sie Termine vergeben würde. Sie wimmelte mich ab. Ich könnte am Montagmorgen um 7.00 Uhr im Sekretariat (unter der selben Nummer) anrufen.

Ich rief am Dienstag irgendwann vormittags an. Und siehe da: Die Sekretärin stellte mich gleich zur Direktorin durch, denn sie vergibt ja die Termine. Den Termin dürfe ich drei Tage später wahrnehmen, doch nur, wenn sie dann nicht „Vertretung“ hätte.

Die Anmeldung in der Grundschule

Die Schulkinder hatten Glück: Ihre Direktorin musste keinen Lehrer vertreten. Nach einer Abschreib-Übung von der Geburtsurkunde auf ein Anmeldeformular fand folgendes Gespräch statt:

Direktorin: „Erzählen Sie mal, wie Sie sich das vorgestellt haben!“

Ich: „Wir gehen ab Juni auf Reisen und melden uns zum Monatsende ab. Ich würde Ihnen die Abmeldebescheinigung einreichen und Sie könnten meine Tochter damit wieder von Ihrer Liste streichen.“

Direktorin: „Und wann kommen Sie wieder?“

Ich: „Das wird eine Weltreise mit offenem Ende. Es wird also nicht so sein, dass ich mein Kind nächstes Jahr wieder hier anmelden werde.“

Direktorin: „Und wie stellen Sie sich die Beschulung Ihrer Tochter vor?“

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Ich: „Da mit der Abmeldung die Schulpflicht entfällt …“

Direktorin: „In Deutschland nicht! Es ist ja so, dass Sie den Termin zur Anmeldung so lange versäumt haben. Wir machen es folgendermaßen: Sie bringen mir die Abmeldebescheinigung. Dann vermerke ich das.“

Ich: „Okay. Aber um noch etwas richtig zu stellen: Mit dem Schulamt hatte ich bereits vereinbart, dass mein Kind in unserem Fall nicht angemeldet werden muss. Die Anmeldung ist ja dem Engagement Ihrer Grundschule zu verdanken.“

Direktorin: „Wir sind die zuständige Schulbehörde und deshalb sind wir für Sie zuständig. Sobald Sie Deutschland wieder betreten, muss geschaut werden, dass Ihr Kind dann beschult wird. Und da wir die Schulbehörde Ihres letzten Aufenthaltortes sind, werden wir uns darum kümmern.“

Ich: „Hmm …“

Sie versicherte sich noch einmal, dass ich ihr die Abmeldebescheinigung vorbeibringe (ich werde sie faxen oder der Sekretärin in die Hand drücken). Wir verabschiedeten uns und sie wünschte mir alles Gute.

Umgang mit Borniertheit

Zuhause stellte mein Mann Patrick fest, was ich auf dem Heimweg dachte: „Sie ist eine Gefangene ihres Systems. Sie kann nicht anders reagieren.“

Bei der Schulleiterin wollte ich mich auf keine Diskussion einlassen. Es hätte meiner Meinung nach nichts gebracht, über den Sinn und Unsinn einer Anmeldung und Beschulung zu fachsimpeln. Damit meine Tochter weiterhin frei das lernen kann, was auch immer sie sich aneignen möchte, ließ ich die Rechthaberei (um es milde auszudrücken) gern über mich ergehen.

Das Gute daran ist: Ich bin kein Schüler mehr.

Positive Reaktionen seitens der Behörden

Was ich allen verunsicherten Eltern mit auf den Weg geben kann, denen die Schulanmeldung ihrer (Freilerner-)Kinder bevorsteht:

Weder Schulen noch Behörden müssen von vornherein abgeneigt auf eure Anträge oder Vorhaben reagieren. Sogar einige Familien, die Unschooling in Deutschland betreiben, können von einer tollen Zusammenarbeit mit Schulbehörden schwärmen. Das machen sie natürlich nicht offiziell, aber im Buch „Wir sind so frei“ gibt es einige spannende Erfahrungsberichte hierzu.

Patrick hat übrigens derzeit ebenfalls mit diversen Behörden wie dem Finanzamt und der Familienkasse zu tun. Die Reaktionen auf unser Vorhaben waren durchweg positiv, obwohl ihnen so ein Fall noch nicht untergekommen ist.

Heimatbesuch in Deutschland: Schulpflicht?

Natürlich wollen wir den Kontakt zu Familie und Freunden aufrecht erhalten und sie ab und zu besuchen. Sobald man noch mal einen Fuß auf „deutsches Gebiet“ setzt, tritt deshalb selbstverständlich nicht sofort die Schulpflicht wieder in Kraft. Denn sie betrifft laut Schulgesetz nur Kinder, die ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. Was hat es nun damit auf sich?

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Abhängigkeit der Schulpflicht vom Wohnsitz

Paragraf 17 Absatz 1 des Bundesmeldegesetzes (BMG) besagt, dass man sich innerhalb von zwei Wochen nach dem Einzug in eine Wohnung bei der Meldebehörde anmelden muss. Da wir bei einem Heimatbesuch keine Wohnung beziehen, findet § 27 des BMG Anwendung. Dort steht: „Für Personen, die sonst im Ausland wohnen und im Inland nicht nach § 17 Absatz 1 gemeldet sind, besteht diese Pflicht nach Ablauf von drei Monaten.“

Abhängigkeit der Schulpflicht vom gewöhnlichen Aufenthalt

Der Paragraf 9 der Abgabenordnung (AO) besagt:

  1. „Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.“
  2. „Als gewöhnlicher Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes ist stets und von Beginn an ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als sechs Monaten Dauer anzusehen; kurzfristige Unterbrechungen bleiben unberücksichtigt.“
  3. „Satz 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt ausschließlich zu Besuchs-, Erholungs-, Kur- oder ähnlichen privaten Zwecken genommen wird und nicht länger als ein Jahr dauert.“

Wenn wir die Betrachtung zum Wohnsitz und zum gewöhnlichen Aufenthalt zusammenfassen, dürften wir uns insgesamt bis zu sechs Monate (nicht zusammenhängend) in Deutschland aufhalten.

Weitergehende Informationen zur Abmeldung des Wohnsitzes beim Umzug ins Ausland und dazu, was Du als Tourist bei einem längeren Heimatbesuch beachten musst, findest Du bei Wirelesslife.

Danke fürs Mitfiebern!
<3 Evelin

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